Heute: die Schule Slomanstieg auf der Veddel. Hier kochen Menschen einer Beschäftigungsinitiative täglich 500 Mittagessen - jeder im Stadtteil ist willkommen.

Im ersten Augenblick erinnert das Gewusel in der Küche an einen Taubenschlag: 20 Menschen mit weißen Haarhauben, Gummihandschuhen und weißen Kitteln werkeln in den engen Gängen zwischen den Maschinen aus Edelstahl. Sie schleppen Wannen voller Fischfilet, rühren Tomatensoße und putzen, wischen, waschen oder tragen Bleche mit gebratenem Hähnchenfilet und Kartoffeln. Die Speisen sind um 11.30 Uhr fast alle fertig; nur ein Mann hinten in der Ecke schneidet ganz langsam, Stück für Stück, Wurzeln mit einem Brotsägemesser in Scheiben.

Sterneköchin Cornelia Poletto staunt: Mehr als 500 Portionen Mittagsessen produziert die Kantine "Sloman's" in der Schule Slomanstieg auf der Veddel jeden Tag frisch. Gut hundert Portionen essen die 450 Schüler der integrierten Haupt- und Realschule. Die restlichen Mittagsessen gehen nach draußen. "Wir beliefern auch andere Schulen", sagt Kantinenleiterin Irene Meißner (50). Die Kantine steht weiterhin für jedermann offen; Schüler zahlen 2,40 Euro, andere 3,10 Euro. Sloman's wirbt mit diesen "Selbstkostenpreisen". Täglich werden drei Gerichte angeboten, wovon eines vegetarisch ist.

Die Portionen sind üppig. Genau richtig für Peter Schultze (68), der mit seiner Frau Grete (72) und Alwin Schröder (72) immer mittwochs kommt. Alle leben auf der Veddel und essen jetzt Hähnchenschnitzel mit Kräuterkartoffeln. "Ist gut und billiger als selber gekocht", sagt Grete Schulze, die hier zur Schule gegangen ist und wie die beiden Männer richtig "scheunes" Hamburgisch spricht.

"Was hier geleistet wird, ist grandios", stellt Poletto fest. "Wenn man bedenkt, dass viele Mitarbeiter ein Handicap haben und Langzeitarbeitslose sind." Das ist richtig. Und es lässt das Urteil der Sterneköchin über die Speisen in einem etwas anderen Licht erscheinen. Der Geschmack erreicht "nur" ein "befriedigend", eine 3, weil der Hauptgang schwach gewürzt, fast salzfrei und etwas lasch ist.

Doch Poletto bricht sofort eine Lanze für die Mannschaft. "Das ist hier eine Großküche mit Menschen, die wahrscheinlich noch nie gekocht haben. Das sind nicht wie bei den beiden vergangenen Tests nette Muttis, die genau wie zu Hause für ihre Lieben kochen." Dann lehnt sich die Inhaberin eines Sterne-Restaurants zurück, sagt ihren Lieblingssatz: "Jeder Mensch kann kochen, der gern isst." Außerdem seien die Brokkoli bissfest, die Kräuterkartoffeln lecker. "Da habe ich in Kantinen schon ganz andere Sachen erlebt. Völlig geschmacklose Pampe."

Lange lässt sich Hamburgs beste Köchin von Irene Meißner die Küche erklären. Die Kantinenleiterin ist Hauswirtschaftsmeisterin, stammt aus Russland und hat ein liebenswertes, fröhliches Wesen. Eine Seele von Mensch.

"Ich mag es, mit den Menschen hier umzugehen. Sicher ist es für die meisten nicht einfach mit so vielen sozialen Schwierigkeiten fertig zu werden", sagt sie. Alle hätten eine Last zu tragen, doch hier merke jeder, dass er gebraucht wird. "Wissen Sie", sagt Irene Meißner, "ich liebe die Leute."

Mehr als 30 Nationen sind unter den Schülern der Schule Slomanstieg vertreten. Die meisten sind türkischer Herkunft, so wie die 15-jährige Patrizia, die seit Kurzem ein Praktikum in der Kantine macht und sich mit einem Teller Spaghetti bolognese neben die Sterneköchin setzt. Poletto hat Hähnchenfilet mit Kräuterkartoffeln gewählt.

Die Praktika sind Teil des Sloman's-Projekts, einer Kooperation von Schule, einem Verein und von passage gGmbH, einer gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeit und Integration. Das Praktikum für Patrizia begann mit Aufräumen, Saubermachen und Würstchenkochen. "Dann habe ich Soße gekocht. Und das auch mal zu Hause gezeigt", sagt sie. Über die Praktika seien schon Schüler in die Ausbildung gekommen.

"Wir bilden auch aus", sagt die Kantinenleiterin. Sie stellt den Küchenplan nach einem speziellen Programm ("optimiX") zusammen. Es wurde von einem Forschungsinstitut für Kinderernährung entwickelt und legt auf gesunde Ernährung Wert, doch ist dabei auch mal Fast Food erlaubt. So gibt es bei Sloman's einmal im Monat Pommes. Ansonsten nur Biogewürze. Schweinefleisch gibt es nicht. Wasser ist kostenfrei. Zum Nachtisch werden immer eine Süßspeise und ein Salat angeboten.

"Mittlerweile ist es wirklich so, dass jedes zweite Kind den Salat als Nachtisch wählt", sagt Meißner. Die heutige Süßspeise schmeckt der Sterneköchin. After-Eight-Creme mit Minzeblättchen (aus dem schuleigenen Kräutergarten) und Beeren. Poletto steckt erst mal den Kaffeelöffel senkrecht in die Creme, um die Festigkeit zu testen, nimmt dann einen winzigen Löffel, "kaut" die Speise wie einen Schluck Wein. "Gut", sagt sie. "Mit Sahne." Das stimmt. Die Kantinenleiterin verrät das Rezept: After-Eight-Plättchen werden in warmer Sahne geschmolzen und dann mit Quark vermengt.

Die beiden Frauen stecken weiter die Köpfe zusammen. "Wenn Sie meinen, dass einer der Schüler ein Praktikum bei mir machen könnte, dann rufen Sie bitte an", sagt Poletto.

Zeugnis

Schule: Schule Slomanstieg

Cornelia Poletto testet heute ein Gymnasium - ihr Urteil lesen Sie morgen.

Die Schulerinnerungen fallen in dieser Woche aus.