Hamburg. Für den Inhaber der Wunderbar auf St. Pauli war es sofort klar, nun spricht auf die Polizei von einem homophoben Übergriff: In der Nacht zum vergangenen Sonntag sind mehrere kostümierte Gäste der bekannten Schwulenbar an der Talstraße angegriffen und verletzt worden. Die Polizei bestätigte auf Anfrage, dass zwei 18 Jahre alte Verdächtige identifiziert und festgenommen wurden. Die Hintergründe der mutmaßlichen Tat waren zunächst unklar.
Homophober Angriff auf Wunderbar-Gäste
Nachdem die Ermittler des Staatsschutzes die beiden Verletzten und Zeugen vernahmen, kamen sie jedoch zu einem eindeutigen Urteil. „Die Erkenntnisse daraus lassen eindeutig eine homophobe Motivation der Tatverdächtigen erkennen“, teilte die Polizei an diesem Mittwoch mit.
„Derartige Homophobie ist verabscheuungswürdig und wir tun alles dafür, diese Tat schnell aufzuklären“, ergänzte Polizeisprecherin Sandra Levgrün. Sie rief dazu auf, Straftaten dieser Art anzuzeigen. „Wir versichern potenziellen Betroffenen, dass wir als moderne und weltoffene Großstadtpolizei jederzeit ein offenes Ohr haben.“
Der Chef der Wunderbar, Axel Strehlitz, zeigte sich bereits direkt nach dem Vorfall bei Facebook schockiert. Nach den bisherigen Erkenntnissen hätten die Gäste „friedlich und kostümiert“ auf der Terrasse gesessen, als die Männer sich ihnen genähert und „ohne Grund und Ankündigung ins Gesicht geschlagen“ hätten. „Unser Türsteher und andere Gäste gingen beherzt dazwischen und konnten so Schlimmeres verhindern.“
St. Pauli: Angriff gegen Homosexuelle vor Wunderbar
Das Lokal an der Talstraße ist vor allem bei Mitgliedern der LGBTQ-Community beliebt und bezeichnet sich selbst als „Hamburgs schwule Bar auf dem Kiez seit 1991“. Es wird von Strehlitz und dem ebenfalls bekannten Theatermacher und Unternehmer Corny Littmann betrieben. Strehlitz bedankte sich bei Facebook bei allen, die „nicht tatenlos zugesehen, sondern eingegriffen haben. Ihr seid echte Helden“. Er sprach von einem „widerlichen Verbrechen“, das hoffentlich aufgeklärt werde.
Strehlitz rief angesichts des mutmaßlichen Übergriffs zum Kampf gegen Hass auf. „Wir alle müssen mit allen Mitteln dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder vorkommt. Dass es nicht wie selbstverständlich als Alltagsrisiko abgetan wird. Dass wir Aufmerksamkeit erregen, Gehör finden und in Situationen wie diesen zusammenstehen“, so Strehlitz. „Überall. Auf der Talstraße, auf dem Hansaplatz, in Billstedt und auch Steilshoop.“ Sein Post endet mit mehreren Regenbogen-Emojis und dem Satz „Love is love und – wir sind stark“.
Angriff vor Wunderbar: Opfer noch nicht vernommen
Der Polizeisprecher Holger Vehren bestätigte auf Anfrage, dass die beiden 18 Jahre alten Verdächtigen bereits wegen Körperverletzungsdelikten polizeibekannt seien – allerdings bislang nicht wegen homophober Äußerungen oder Übergriffen. Er bestätigte, dass ein Geschädigter eine Platzwunde erlitt. Nach Zeugenaussagen gab es zuerst einen Wortwechsel, bevor es zu dem Übergriff kam.
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Die Geschädigten seien jedoch stark alkoholisiert gewesen, sodass auf eine ausführliche Vernehmung zunächst verzichtet wurde. Diese wurde nun nachgeholt. Ein Betroffener sagte dem Abendblatt bereits am Tag nach dem Vorfall, man habe nicht viel getrunken und habe nach der Tat schlicht unter Schock gestanden. Die beiden 18-jährigen verweigern weiterhin die Aussage. Die Ermittlungen dauern an.
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