Gute Zeiten für Promillesünder? Kaum noch Blutproben werden genommen. Innenbehörde räumt Alleingang der Hansestadt ein.

Hamburg. Die Zahl der Alkoholkontrollen auf Hamburgs Straßen ist in den vergangenen beiden Monaten deutlich gesunken, auch wurden weniger Blutproben genommen. Das räumte der Sprecher der Hamburger Polizei, Ralf Meyer, ein. Polizei und Innenbehörde reagieren damit auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und weitere Urteile.

Die Beamten müssen seitdem auf die Erlaubnis eines Richters warten, bevor sie mutmaßlich betrunkene Fahrer zur Blutentnahme mit auf die Wache nehmen dürfen. Das kann mehrere Stunden dauern. Zeit, in der die Beamten mit dem Verdächtigen vor Ort bleiben müssen - und in der sie keine weiteren Kontrollen vornehmen können. "Die Zahl ertappter Alkoholsünder in Hamburg wird weiter drastisch sinken", schlägt Uwe Koßel, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Alarm.

Die Karlsruher Richter hatten entschieden, dass bei Blutprobenentnahmen strenger als bisher auf den sogenannten Richtervorbehalt zu achten ist. Nur ein Richter darf demnach einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte anordnen, wie ihn die Blutentnahme bedeute. Hamburg setzt diese Vorgabe als bisher einziges Bundesland konsequent um - auch, weil sich die Polizeibeamten andernfalls auf juristisch dünnes Eis begeben. Laut der Karlsruher Entscheidung ist schon der Weg zur Wache Teil der Blutprobenentnahme. Deshalb darf die Fahrt nur mit Einverständnis des Verdächtigen angetreten werden - oder wenn ein Richter sie anordnet.

Bis zum November hatten Hamburgs Polizeibeamte selber entschieden, ob sie einen verdächtigen Promillesünder zur Blutentnahme mit auf die Wache nehmen. Als Rechtsgrundlage nahmen sie "Gefahr im Verzug" an. So konnten sie nach eigenem Ermessen handeln. Diese Praxis wollte Karlsruhe unterbinden. Mit der konsequenten Umsetzung des Richterspruchs will Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) politischen Druck ausüben. Ziel ist eine Gesetzesänderung, die es Polizisten erlaubt, selbst Blutproben anzuordnen. Ahlhaus will das Thema auf die Tagesordnung der Innenministerkonferenz im Mai setzen. Eine entsprechende Gesetzesänderung kann weitere Monate dauern.