Der Rentner fertigt historische Zeichnungen, vor allem des alten Marktplatzes. So wird der Wandel des Statteils sichtbar, den er bedauert.

Lokstedt. Die Menschen auf seinen Bildern sind nicht erfunden. "Das hier ist zum Beispiel mein Großvater", sagt Rudolf Grimme, 77, und deutet auf einen Mann, der auf einer Bank sitzt. "Da saß er immer. Und das hier ist der Straßenbahnkontrolleur. Und da läuft der Rektor unserer Schule."

Der mittlerweile in Lokstedt wohnhafte Rentner hat historische Zeichnungen des Niendorfer Marktplatzes angefertigt, denn rund um diesen spielten sich seine Kindheit und Jugend ab. Doch längst hat sich das Herz des Stadtteils verändert - und Rudolf Grimme will den alten Marktplatz nicht in Vergessenheit geraten lassen.

"Meine Bilder zeigen die Veränderung - vom dörflichen Zentrum zum gewöhnlichen Stadtteil", sagt Grimme. Für diese "bedauerliche Entwicklung" gebe es seiner Meinung nach zwei Gründe: erstens die Eingliederung der Großgemeinde Schnelsen, Lokstedt und Niendorf in die Hansestadt Hamburg 1937, die zu einer "Degradierung", zu einem "gewöhnlichen Stadtteil". geführt habe. Zweitens hätten die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg sowie der moderne Straßenverkehr dazu geführt, dass nicht mehr der Marktplatz mit seiner achteckigen Kirche, sondern die Fußgängerzone und das Einkaufszentrum Tibarg Mittelpunkt des Quartiers seien.

Grimme nennt seine Bilder "eine zeichnerische Rekonstruktion". Als Quellen verwendet er alte Fotos - und seine Erinnerung. Die meisten seiner Bilder zeigen den Markt vor und nach der Bombardierung 1943. "So etwas vergisst man nicht", sagt der Rentner."Wie wir da nachts im Keller saßen und die Wände wackelten."

Sein künstlerisches Talent entdeckte Grimme als kleiner Junge. "Das steckt einfach so in mir." In der Schule förderte ihn ein Zeichenlehrer. Er gab dem kleinen Rudolf ein Luftbild der Hamburger Altstadt aus der Zeitung, schwarzen Karton und weiße Tusche. Noch heute hütet Grimm diese Zeichnung. Fein säuberlich sind die Linien gezogen. "Ich gehe sehr in die Details. Das ist meine Verrücktheit."