Wie der Hamburger Gastronom Stephan Radel am kommenden Sonntag Geld sammelt, um über eine tödliche Krankheit von Kindern aufzuklären.

Poppenbüttel. Jaqueline, seine charmante Ehefrau, die er einst als junger Koch auf Wanderschaft aus dem schottischen Edinburgh in seine Heimatstadt Hamburg entführte, kann nicht sagen, sie hätte es nicht gewusst: Denn noch vor dem Jawort verriet ihre zukünftige Schwiegermutter, dass ihr Bräutigam von zwei Viren infiziert sei: dem Skifahren (was ganz gut zu verkraften sei); vor allem aber einem Faible für Oldtimer , genauer Classic Cars.

"Und das Problem mit historischen Fahrzeugen ist ja nun einmal", sagt Stephan Randel, 44, "dass man irgendwie ständig irgendein Teil benötigt." Wobei das Basteln, Fummeln und Polieren für ihn natürlich kein Problem darstelle, sondern vielmehr eine lust- und sinnvolle Freizeitbeschäftigung sei, vielleicht nur nicht gerade für seine unmittelbare Umgebung. Vor allem dann, wenn man als Gastronom ohnehin ziemlich wenig Freizeit mit der Familie gemeinsam genießen kann. Schließlich betreiben die Randels in sechster Generation an der Poppenbüttler Landstraße ihr berühmtes Familienfeier-Restaurant und gleich daneben, seit fünf Jahren, das modernere Del.

Auto-Enthusiasten müssen eben lernen, mit harscher Kritik zu leben. Gut kann Randel sich zum Beispiel daran erinnern, wie er vor gut eineinhalb Jahren einem BMW M 635 CSi nicht widerstehen konnte. Er versteckte sein neues Baby vorsichtshalber in der Tiefgarage eines befreundeten Hoteliers und grübelte: "Wie sag ich es bloß meiner Frau?'" Eines Tages saß er dann auf dem Fußboden, umgeben von BMW-Katalogen und Reparaturanleitungen, als Jaqueline sein Büro betrat und die gefährliche Situation sofort erfasste: "Versuch gar nicht erst, daran zu denken!", sagte sie mit funkelnden Augen. Was ihren Mann jedoch nicht davon abhielt, noch über ein Jahr lang so zu tun, als besäße er gar keinen BMW. Bis er von ihr in flagranti auf der Rolfinckstraße erwischt wurde. "Sie besaß inzwischen sogar einen Zweitschlüssel", sagt er, "Jaqueline wollte nur mal gucken, wann ich gestehen würde", sagt er, etwas verschämt.

Jaqueline Randel ist jedoch offenbar eine kluge Ehefrau, die ganz genau weiß, dass Männer in manchen Lebenssituationen eigentlich Kinder sind, bloß in falschen Körpern. Und Kinder soll man ja bekanntlich spielen lassen.

"Das Schöne an älteren Autos ist, dass sie ein Gesicht besitzen, eine Seele - und nicht zuletzt sind sie auch Zeugnisse der industriellen Kultur", schwärmt Randel. Manchmal sei er irritiert, wenn er - mit Jaqueline - eine Ausfahrt unternehme und wildfremde Menschen ihnen plötzlich zuwinkten. Und einmal habe er es erlebt, wie an der Friedensallee eine Reihe geparkter Autos zerkratzt wurde. "Nur mein Oldtimer war unbeschädigt."

Doch als er mit seinem 41 Jahre alten Mercedes 280 SL Cabriolet (2,8 l, 6-Zylinder, 160 PS, 208 km/h) zum Fototermin anrollen wollte, musste er feststellen, dass der Kühler seines Schmuckstücks leckte. Aber Oldtimerfahrer kennen ihre Schrauber, die einen Patienten dazwischenschieben. Bereits 30 Minuten später wurde das Cabriolet auf der Hebebühne der Kfz-Werkstatt Weiß an der Bramfelder Chaussee verarztet, wo Randel längst wie ein Freund begrüßt wird.

Es war ja auch wirklich ein Notfall gewesen, weil er am kommenden Sonntag, 18. September, von 12 Uhr mittags an im familieneigenen Park (Poppenbütteler Landstraße 1) eine ganz besondere Automesse eröffnen wird: Rund 40 Oldtimer-Sammler werden dann ihre Autoraritäten nicht nur präsentieren, sondern zahlende Passagiere mitnehmen, die etwa in einem Lamborghini aus den 1970er-Jahren oder einem Jaguar-Rennwagen aus den 1950er-Jahren (mit)fahren wollen. Die Aktion wird von ehemaligen Mitgliedern des Round Table gestemmt: Alle Erlöse fließen in die Stiftung National Contest for Life, die mehr Aufklärungsarbeit über die tödliche Stoffwechselkrankheit NCL leisten will.

Die Neuronale Ceroid Lipofuszinose bricht im Kindesalter aus, führt zur Erblindung und zum Verlust der Sprache, im weiteren Verlauf zu epileptischen Anfällen und schließlich zum Tod, fast immer vor dem 30. Lebensjahr. "Die Zahl der Betroffenen ist für die Pharmaindustrie einfach zu gering, um sich in Erwartung hoher Renditen teuren Forschungen zu widmen", sagt Randel. Dabei könne man heute die Veranlagung zu NCL rechtzeitig - das heißt vor und auch zu Beginn einer Schwangerschaft - erkennen. Doch das müsse man eben auch wissen. "Für einen solch guten Zweck eignen sich Oldtimer doch perfekt", sagt Stephan Randel. Seine Frau sei übrigens auch dieser Ansicht.