Mit 70 Jahren hat Eugen Block seinen Sohn wieder vom Chefsessel verdrängt. Das Porträt eines Getriebenen, der gern über Details spricht.

Hamburg. Er ruckelt gern herum, nestelt am Gedeck, bis es akkurat sitzt. Dann schweift sein Blick über die Speisekarte. Er sagt kein Wort, doch man sieht ihm das angestrengte Nachdenken an. Vielleicht tauscht er gerade ein Gericht aus - oder am Ende sogar die gesamte Speisekarte. Eugen Block signalisiert: Ich bin der Herr im Haus. Beim Mittagessen im eigenen Block House ist er ständig auf der Suche nach Verbesserungen. Wie etwa der Erweiterung des vegetarischen Angebots auf der Karte. Oder dem Austausch der Servietten - was seinem Hang zur Veränderung entspricht und wieder zurückgenommen wird. Eugen Block ist nicht nur Unternehmer, er ist ein Phänomen in der Stadt. Alles, was er macht, ist durch und durch Eugen Block. Und er lässt nicht los.

Der 70-Jährige hat innerhalb von 26 Jahren in seinem Hotel Grand Elysée in Hamburg 14 Direktoren verbraucht. Mal ging es um die Dekoration in den Restaurants, mal um die Muster auf den Salzstreuern. Oft vermutlich auch darum, dass der Hotelchef die Erwartungen des Eigentümers nicht erfüllen konnte. "Der hat sich nicht genug angestrengt", begründete Block einmal einem Rauswurf. Und pries den Nachfolger in den höchsten Tönen. Spätestens bei Direktor Nummer acht kamen bei Beobachtern Gedanken wie "mal sehen, wie lange der das jetzt schafft" auf. Dabei will Block doch nur die "besten Steaks zum besten Preis oder 110 Prozent Leistung für 90 Prozent Kosten" anbieten, wie er seinen Mitarbeitern einbimst. Und das "beste Hotel in Deutschland" haben. Extra zum 25. Jubiläum der Herberge ließ er von Autor Michael Seufert das Buch "Das Elysée - meine Leidenschaft" schreiben. Jetzt gibt es die Erfolgsgeschichte des Unternehmensgründers zum Nachlesen.

Gern spricht er über Details, wie lange man Gemüse oder Steaks grillt

Mit solchen Aktionen wirkt der eher sympathisch und bescheiden auftretende Herr Block ein bisschen weniger bescheiden. Verwunderung hat er auch vor fünf Jahren bei einem Vortrag im Ballsaal seines Grand Elysée vor einigen Hundert Gästen ausgelöst. Sie wollten den Schriftsteller und Nobelpreisträger Günter Grass lesen hören. Doch Block war beseelt von seinem Hotel und hielt zuvor eine Rede. Manche Zuhörer wippten bereits ungeduldig mit den Füßen.

"Meine Firma und mein Hotel": Block ist durch und durch monothematisch. Er geht mit Elan an die Sache, ist streitbar, wenn er von einer Idee überzeugt ist. Dann spricht er auch gern darüber, erklärt bis ins letzte Detail, wie Gemüse zubereitet wird oder Steaks gegrillt werden müssen. "Ich bin ein Tischphilosoph", sagt er. Tische, und vor allem das, was draufkommt, sind seine Leidenschaft. Seine Mitarbeiter motiviert er, "adrett" auszusehen und "fleißig" zu sein. Worte, die seine Kindheit prägten. Die Beschäftigten sehen ihm dies nach, schließlich hat er meist ein glückliches Händchen gehabt.

Die Eltern betrieben im oldenburgischen Harkebrügge einen Gasthof und ein Lebensmittelgeschäft. Früh mussten die Kinder mithelfen. Früh lernten sie aber auch, fromm zu sein. "Unser Gasthaus befand sich direkt neben der Kirche. Da war es für unsere Eltern klar, dass wir zur Morgenmesse mussten", sagt seine Schwester Marlies Head. "Und sonntags während der Messe, hatten wir zu." Auch da saßen und knieten die Geschwister auf den harten Bänken der katholischen Kirche.

Das Block-Imperium

Vielleicht auch wegen dieser Tugenden ist Block zum erfolgreichen Unternehmer geworden. Der auch schon früh seine Eigenheiten hatte. Sogar schon während der Lehre im Ratskeller in Münster vor bald 50 Jahren. "Das war schon damals ein Tischdecken-Restaurant, und ich fand es grottenschlecht", sagte Block einmal. Kein Wunder, dass er Jahre später mit seinen Hoteldirektoren über Tischdecken stritt. Im rustikalen Block House sind sie tabu. Auch ansonsten geht er nur mit höchster Vorsicht an Modernisierungen in den Steakhäusern. "Bei mir wird es kein Chrom und Glas geben. Ich habe den Stil der deutschen Steakhäuser bestimmt nach amerikanischem Vorbild. Viele Wettbewerber haben mich kopiert", sagt er. Sohn Dirk bekam prompt Ärger, als er die Hängelampen in den Block-Häusern aufpeppen wollte.

Eugen Block weiß, was er geleistet hat. Doch privat sind ihm Protzereien fremd, wenn man mal davon absieht, dass er der erfolgreichste Hotelier sein will. Zwar besitzt Block eine Villa in Poppenbüttel und eine Ferienresidenz an der Ostsee. Aber er fährt nur einen kleinen Mercedes, meist die C-Klasse. Das wirkt authentisch und macht ihn sympathisch. Einmal sagte er nach einem Abend in der vornehmen Hamburger Gesellschaft über den Gastgeber: "Empfänge wie der sie macht, brauche ich nicht. Man hat den Eindruck, der will seinen Gästen nur zeigen, wie reich er ist." Es gibt kaum Fotos von ihm auf Promi-Partys, höchstens mal Bilder vom Rosenschneiden in seinem Garten oder von der Zuschauerbank beim HSV-Spiel. Doch verweigert hat er sich den Fotografen nie. Selbst als vor einigen Jahren eine Gesichtshälfte bei einer Operation zeitweilig in Mitleidenschaft gezogen wurde, ertrug er die Wünsche nach Bildern. Eine Kämpfernatur eben.

Für die Mitarbeiter wird Block immer eine Respektsperson sein, der Gründer, der bei Bedarf früher auch mal selbst am Grill stand. "Herr Block hat ein großes Herz für einfache Mitarbeiter", sagte einer, der lieber nicht in der Zeitung stehen will. Ein anderer, der langjährige Griller Edi Woermke, kann vermutlich nicht nachvollziehen, warum Block überhaupt von irgendjemand kritisiert wird. Er spricht hin und wieder mit dem Chef. "Wenn ich etwas nicht gut finde, sage ich nur: 'Halt den Ball flach oder danke für dieses Gespräch'." Doch gegenüber dem Management schlägt Block andere Töne an. Hoteldirektoren empfiehlt er schon mal neues Personal, das nicht sie, sondern er ausgesucht hat. Teile der Einrichtung des Elysée-Erweiterungsbaus hat er zusammen mit seiner Frau Christa ohne Absprache mit dem Direktor in Asien eingekauft und nach Hamburg verschiffen lassen. Auch die Betriebsleiter der Steakhäuser spüren manchmal, wer der Chef ist. Das muss aber nicht schlecht sein. Die Mitarbeiter durften sie zumindest früher auch mal abwählen, wenn über längere Zeit Streit im betreffenden Block House herrschte. Das schützt die Beschäftigten.

Eugen Block: "Ich habe den Stil der deutschen Steakhäuser bestimmt nach amerikanischem Vorbild. Viele Wettbewerber haben mich kopiert."

Um sein Unternehmen voranzubringen, macht der Selfmademan auch vor den skurrilsten Ideen nicht halt. "Wir müssen das Block House zu einem Dating-Treffpunkt machen", sagte er mal zu einem Abendblatt-Kollegen, als um ihn herum während der Internet-Blase vor mehr als zehn Jahren immer mehr neue Treffpunkte für After-Work-Partys entstanden. "Ich will Leute wie Sie dazu bringen, ihre Freundin zum ersten Date hierher einzuladen." Der Kollege ist Vegetarier.

Eine der erfolgreichsten Hamburger Unternehmerpersönlichkeiten nur auf Sprüche und verwunderliche Ideen zu reduzieren wäre allerdings ein fataler Fehler. Denn der Mann hat Erfolg, Herz und Ausdauer. Eugen Block hat aus einem 1968 gegründeten Steakhaus ein Firmenimperium mit 260 Millionen Euro Umsatz gemacht. Vielleicht ist ihm dies gerade auch deshalb gelungen, weil er alles hinterfragt, immer wieder nachbohrt, zurechtruckelt, mit Sohn Dirk über die Farbe der Jalousien vor den inzwischen 35 Restaurants in Deutschland ringt. Weil er Auftragnehmer verprellt, indem er zum Beispiel die neue Bar im Grand Elysée mit dem eigenen Zollstock nachmisst und später noch einmal neu bauen lässt. "Herr Block macht halt vieles gerne selbst", sagte ein Weggefährte.

Block kann vermutlich die Kontrolle nicht abgeben, weil er das Wohl seines Lebenswerks nicht riskieren will.

Doch einmal musste er sich zurücknehmen. Eröffnet wurde der Anbau des Elysée im Jahr 2006. Geplant hatte Block sein Vorhaben gut zehn Jahre lang. Vielleicht hätte er noch länger daran gebastelt, wenn er nicht die Hilfe einer Leasinggesellschaft der HSH Nordbank gebraucht hätte. Block hat ihr die Grundstücke und das Hotel verkauft, und wieder zurückgeleast. Beim Neubau gab es einen Generalunternehmer und Block durfte nur noch Dinge wie die Farbe der Badfliesen bestimmen. Oder die Kronleuchter und den neuen Teppich im Ballsaal des Hotels. "Den habe ich selbst entworfen. Erinnert er nicht an Chagall?", freute sich Block nach der Verlegung. Bald darauf musste er ihn austauschen, denn der Teppich und die Farben der bunten Abendkleider bei Bällen im Hotel vertrugen sich gar nicht.

Was soll's. Wenn er im Nachhinein einsieht, dass er einen Fehler gemacht hat, bügelt er ihn wieder aus. Auch die Schlappen mit Hamburg Airlines, seiner eigenen Fluggesellschaft in den 90er-Jahren, hat er überwunden. Sie ging pleite und Block hat brav sämtliche Verbindlichkeiten beglichen. Ein solcher Misserfolg würde andere womöglich in eine Depression stürzen. Doch nicht den Steakhauskönig, den Getriebenen, den Unternehmer aus Leidenschaft.

Sein Erfolg liegt wohl sehr in seiner Kindheit begründet, die auch heute noch die Einstellungen des streng katholischen Patriarchen prägt. Frau Christa, die zu Hause die Kinder Christina, Dirk und Philipp großzog, ist die gute Seele für die Mitarbeiter und für die Kunstausstellungen im Hotel und für den firmeneigenen Kindergarten zuständig. Auch für das älteste Kind, Tochter Christina, 38, sieht der Vater die Zukunft eher aus dem konservativen Winkel. "Christina soll erst einmal Mutter werden", sagte er, als seine Tochter Interesse an der Firma zeigte. Das hat geklappt. Christina Block und ihr Mann Stephan Hensel haben inzwischen drei Kinder, über die sich die Großeltern Eugen und Christa freuen. Natürlich werden sie später die katholische Schule besuchen oder drücken dort bereits die Schulbank. Also fiel die Verantwortung auf Sohn Dirk, 36, der vor knapp einem Jahr seine Frau Meike, eine Ärztin, geheiratet hat. Der jüngere Bruder Philipp drängt hingegen nicht ins Geschäft. Block baute Dirk früh auf, trichterte ihm Verantwortungsgefühl ein und schickte den Sohn zur Ausbildung in die USA, wo auch schon der Vater Erfahrungen sammelte.

Wer sich für einen Generationswechsel entscheidet, muss auch loslassen

Doch jetzt hat Block - wie berichtet - seinen Sohn aus dem Chefsessel vertrieben. Natürlich sieht der Patriarch dies anders. "Ich habe meinen Sohn nicht entmachtet, sondern ihn mit einer neuen, verantwortungsvollen Aufgabe betraut", schrieb er dem Abendblatt.

Vermutlich sind solche Entwicklungen in Familienunternehmen nicht immer zu vermeiden. Auch der Hamburger Kaffeeunternehmer Albert Darboven und sein Sohn Arthur Ernesto gehen inzwischen getrennte Wege, der ehemalige Max-Bahr-Inhaber Peter Möhrle hat seinen Sohn Dirk Christian erst an die Firmenspitze gesetzt, dann wieder abgelöst und am Ende die Baumarktkette an den Wettbewerber Praktiker verkauft. Beim Kaffeeröster Tchibo stritten sich die Erben von Unternehmensgründer Max Herz über Jahre über den Kurs der Firma.

"Wenn man sich für einen Generationswechsel in der Firma entscheidet, muss man auch loslassen können", sagt der Hamburger Berater Frank Hopp. "Sonst fühlt sich der Junior vom Senior erdrückt", so Hopp, der inhabergeführte Firmen bei Nachfolgeproblemen zur Seite steht und über ein Netzwerk von mehr als 30 Senior-Managern verfügt.

Ob für die Blocks solche Ratschläge noch rechtzeitig kommen? Block Junior soll jetzt zusammen mit dem Vater in den Aufsichtsrat und Beirat der diversen Familienunternehmen wechseln. "Er fühlt sich keineswegs degradiert", sagt der Vater. Zwar stimmt der Sohn dem zu, bekennt aber gleichzeitig ironisch, dass er jetzt mehr Zeit für den Golfplatz hat. Block hat den Filius lange aufgebaut, dann aber immer wieder mit ihm über die künftige Strategie der Firmengruppe gerungen. Der Junior wollte zu schnell wachsen, während der Senior (siehe die zehn Jahre Planungszeit für die Erweiterung des Elysée) lieber dreimal hinsah und puzzelte. "Als immer öfter Mitarbeiter zum Vater sagten, ,Ihr Sohn hat aber etwas ganz anderes angeordnet', muss er wohl den Entschluss gefasst haben, ihn abzusetzen und den früheren Block-Manager Stephan von Bülow an die Firmenspitze zurückzuholen", sagt ein Manager aus dem Umfeld des Unternehmens. Als Ausgleich bekamen die Kinder jeweils einen achtprozentigen Anteil am Firmenimperium. "Ich behalte die Mehrheit", sagte Block - und die Kontrolle.