Stadtteilreporterin Marike Stucke hat mit Ureinwohnern des Viertels gesprochen, stellt sieben persönliche Schanzen-Geheimnisse vor.

Hamburg. Heute geht es in der Abendblatt-Serie "Stadtteilreporter verraten sieben Besonderheiten, die man über... wissen sollte" um das Schanzenviertel - oder um die Schanze, wie das Quartier von den meisten Hamburgern genannt wird. Stadtteilreporterin Marike Stucke hat die Sitzbänke in der Gegend getestet, mit den quasi Ureinwohnern des Viertels gesprochen und mit großer Ausdauer nach einer Wasserstelle gesucht. Nun stellt sie ihre sieben persönlichen Schanzen-Geheimnisse vor.

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1. Das Original
Gemütlichkeit - die ist Jutta Franck besonders wichtig. "Dieses Wort benutze ich ständig", sagt die 64-Jährige. Dabei geht es vor ihrem Geschäft (Stüdemanns Kaffee & Teeladen) ab und zu alles andere als gemütlich zu. Nur ein paar Meter weiter ist die berühmte Haspa-Filiale, deren Scheiben bei Krawallen regelmäßig zu Bruch gehen. "Aber ich hatte nie Angst um meinen Laden", sagt Franck. Sie könne die Leute einschätzen, und die hätten ja schließlich nichts gegen kleine, alteingesessene Geschäfte wie ihres. Seit 54 Jahren gibt es das Familienunternehmen auf der Schanze. "Ich würde nie woanders hingehen", sagt Franck.

2. Die perfekte Bank
Mit der schönen Aussicht ist das in Hamburg ja so eine Sache. Mangels größerer Berge lässt sich das Gefühl von Weite eigentlich nur am Hafen erfahren. Aber manchmal reicht ja auch schon ein kleiner Höhenunterschied für den entsprechenden Überblick. Im Schanzenpark stehen am Fuße des Wasserturms einige Bänke, die durchaus auch mal einen Sonnenstrahl sehen. Von hier aus lässt sich besonders an warmen Tagen das bunte Treiben rund um das Mövenpick-Hotel beobachten. Neue Freizeitsportarten, die statistisch nicht repräsentative Anzahl von Hundebesitzern im Viertel oder die beliebteste Grillfleischsorte können hier begutachtet werden.

3. Die schönste Wasserstelle
Eine Wasserstelle in der Schanze zu finden ist ganz schön schwierig. Selbst alteingesessene Bewohner kennen keinen See, Bach oder Brunnen hier. Das heißt aber nicht, dass es keine gibt. Manchmal muss man genauer hinsehen. Auf dem Gelände der Schule Ludwigstraße befindet sich ein prächtiger Löwenbrunnen. Er erinnert daran, dass sich an genau dieser Stelle Hagenbecks Tierpark befand, bevor er Anfang des 20. Jahrhunderts nach Stellingen umzog.

Der Brunnen ist Teil des Schulbiotops, in dem die Schüler Pflanzen erkunden können, und ist mit einem kleinen Teich verbunden. An dem Wasserkreislauf wird aber momentan gearbeitet, weswegen hier erst in wenigen Wochen wieder Wasser fließt. Eigentlich können nur die Schüler den Brunnen begutachten, nach Absprache ist aber auch für Außenstehende eine Besichtigung möglich.

4. Die fieseste Ampel
Wer viel Zeit zu verschenken hat oder sich entnervte Gesichter auf der anderen Straßenseite ansehen will, sollte sich öfter mal an die Ampel an der Schanzenstraße stellen. Direkt vor dem S-Bahnhof Sternschanze vermutet man eigentlich, dass auch die Stadt möchte, dass die Fußgänger ihre Bahn pünktlich erreichen. Doch an manchen Tagen vergehen satte 35 Sekunden, bis die Ampel Grün zeigt. Das Sinnvollste, was man dann tun kann: zu einer der nahen Bäckereien gehen und einen Kaffee holen.

5. Die interessanteste Straße
"Galãostrich"- das Schulterblatt hat seinen Ruf und Spottnamen weg (Galão, portugiesischer Milchkaffee, ist ein Modegetränk in der Schanze). Besonders ist an dieser Straße zwischen Neuem Pferdemarkt und Max-Brauer-Allee aber nicht nur die große Anzahl von besonders am Wochenende gut besuchten Cafés, Bars und Restaurants, denn der formelle Name hat eine außergewöhnliche Geschichte.

Schon Anfang des 18. Jahrhunderts wurde in dieser Straße gerne das eine oder andere Bier getrunken. Das Wirtshaus Zum Schulterblatt wies seine Gäste mit einem bemalten Walschulterblatt als Gasthausschild auf den Ausschank hin. Seitdem weiß jeder Hamburger genau, welche Straße gemeint ist, wenn es um das Schulterblatt geht. Das namensgebende Walschulterblatt ist bis heute übrigens im Museum für Hamburgische Geschichte untergebracht.

6. Der bekannteste Bewohner
Ein Supermarktbesuch im Schanzenviertel kann unter Umständen fantastisch werden. Denn da kann es schon mal passieren, dass Sänger Smudo von den Fantastischen Vier mit seinen Kindern gerade mit dem Einkaufswagen seine Runden durch die Gänge dreht. Und ja, auch der Hip-Hopper kauft ganz normalen Brotaufstrich und belanglose Milch.

Auch viele weitere Vertreter der Hamburger HipHop-Szene haben ihren Wohnsitz im Schanzenviertel: z. B. Mirko Bogojevic, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Das Bo.

7. Das Ärgernis
Gut 200 Meter ist der S-Bahnsteig an der Haltestelle Sternschanze lang - zu lang. Denn wer hier abends mitfahren will, muss regelmäßig einen kleinen Sprint einlegen, um die Bahn zu erreichen.

Zu späterer Stunde verkehren hier nur noch Kurzzüge, und die halten auf mittlerer Höhe der Haltestelle. Nur hat die Station Sternschanze zwar an jedem Ende einen Eingang, die Fahrgäste kommen abends aber fast alle aus Richtung Susannenstraße und warten am westlichen Ende des Steigs. Logischer und kundenfreundlicher wäre es, etwas weiter vorne zu halten.

Kommende Woche geht es dann ins Grindelviertel. Wenn Sie Geschichten aus Ihrem Quartier zu erzählen haben, schreiben Sie an: stadtteilreporter@abendblatt.de . Und für Hinweise zur Sternschanze wenden Sie sich direkt an Marike Stucke: marike.stucke@fm-abendblatt.de