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Senat bricht Internet-Versprechen – auch kein Netz in U-Bahn

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Offline: Vom Ziel einer flächendeckenden Gratis-WLAN-Versorgung (Symbolbild) in der Innenstadt von Hamburg hat sich der Senat verabschiedet.

Offline: Vom Ziel einer flächendeckenden Gratis-WLAN-Versorgung (Symbolbild) in der Innenstadt von Hamburg hat sich der Senat verabschiedet.

Foto: Willing-Holtz / picture alliance / Westend61

Flächendeckender, kostenloser WLAN-Empfang in der City kommt doch nicht. Warum der Senat ihn plötzlich nicht mehr wichtig findet.

Hamburg.  Es ist gerade einmal sieben Jahre her, da versprachen SPD-Politiker und ihr Kooperationspartner den Hamburgern einen flächendeckenden Ausbau von kostenlosem WLAN in der Innenstadt. Der damalige Staatsrat und heutige SPD-Kultursenator Carsten Brosda sagte bei der Freischaltung des ersten Zugangspunktes in der City im April 2016: Jeder, der aus dem Urlaub komme, wisse, dass an vielen anderen Orten der Welt freies WLAN zum Alltag gehöre.

„WLAN wird längst als Teil einer angemessenen öffentlichen Infrastruktur wahrgenommen“, so Brosda. Auch der damalige Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz betonte: „Digitale Technologien geben uns die Möglichkeiten, unsere Stadt noch lebenswerter und noch wettbewerbsfähiger zu machen.“

Mittlerweile aber hat man sich offenbar klammheimlich vom Ziel einer wirklich flächendeckenden Gratis-WLAN-Versorgung in der Innenstadt verabschiedet, wie das mit der Stadt kooperierende Unternehmen sie immer wieder versprach. „Eine nahtlose, flächendeckende Versorgung“ könne in der City „nicht erreicht werden, unter anderem aufgrund von vorhandenen Beschränkungen“, teilte der Senat jetzt in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe mit.

Das liege einerseits an technischen Problemen – etwa der mangelnden Strom- oder Glasfaserversorgung in Grünanlagen. Zum anderen sei die „Installation von weiteren Accesspoints auch stets abhängig von strategischen Entscheidungen der Telekommunikationsunternehmen (zum Beispiel Nachfrage- und Prioritätenverschiebung) und äußeren Einflüssen (zum Beispiel Lieferkettenproblemen).“

WLAN: Hamburgs Senat sieht Versorgung als nicht mehr so wichtig an

Hinzu komme: „Schließlich wird der WLAN-Ausbau gegenüber der ursprünglichen Planung durch die Weiterentwicklung von Technologie und Produkten im Telekommunikationsmarkt stark beeinflusst. Zu nennen sind eine leistungsstärkere Mobilfunkinfrastruktur, die damit einhergehende verbesserte Versorgungslage sowie die rasant steigende Nutzung von Mobilfunkflatrates mit großen Datenvolumina.“ Fazit des Senats: „Im Ergebnis sinkt die Bedeutung einer öffentlichen WLAN-Versorgung im Hinblick auf die Bedürfnisse einer nutzerzentrierten digitalen Gesellschaft.“ Mithin: WLAN ist gar nicht mehr so wichtig.

So äußert sich auch die für das Thema zuständig Kulturbehörde von Senator Brosda auf Abendblatt-Nachfrage: „Der Ausbau der WLAN-Infrastruktur geschieht in Hamburg in erster Linie in eigenwirtschaftlicher Verantwortung“, heißt es nun plötzlich von Brosda-Sprecher Enno Isermann. „Neben dem WLAN-Angebot gewinnt der Ausbau der immer leistungsstärkeren Mobilfunkinfrastruktur auch für den Datenaustausch immer mehr an Bedeutung. Dies umso mehr, als auch die Nutzung von Mobilfunkflatrates rasant zunimmt, die durch EU-Roaming inzwischen auch europaweit nutzbar sind, so- dass immer weniger Nutzerinnen und Nutzer auf öffentliche WLAN-Zugänge angewiesen sind.“

Senat hält Innenstadt für vergleichsweise gut mit WLAN versorgt

Gleichwohl sei die WLAN-Versorgung in Hamburg gut, so Isermann: „Die Stadt unterstützt zum Beispiel durch Bereitstellung öffentlicher Masten zur Anbringung der Zugangspunkte. Dadurch ist ein im bundesweiten Vergleich sehr gutes öffentlich zugängliches WLAN-Angebot entstanden.“ Inzwischen gebe es „als kostenfreie öffentliche WLAN-Infrastruktur im Stadtgebiet über 2500 Access Points von MobyKlick mit einer Bandbreite von bis zu 1 Gbit pro Sekunde und zahlreiche weitere, privatwirtschaftlich eingerichtete, teils kostenfreie öffentliche WLAN-Zugänge und in allen öffentlichen Verwaltungsgebäuden freies WLAN“.

Allerdings musste der Senat in der Antwort auf die CDU-Anfrage einräumen, dass es bis heute auch in vielen Ämtern noch kein WLAN für die Kunden gebe – etwa in vielen Dienststellen der Bezirksämter Nord, Wandsbek oder Eimsbüttel und auch nicht beim Landesbetrieb Verkehr. Auch die Versorgung der bezirklichen Wochenmärkte sei noch in Planung.

WLAN: In Hamburger U-Bahnen wird es wohl nie flächendeckend angeboten

CDU-Politiker Kappe stellt Rot-Grün ein schlechtes Zeugnis in Sachen offenes WLAN aus. „Der Senat sieht Hamburg als eine der führenden Metropolen in Europa beim Ausbau des offenen und kostenfreien WLAN“, so Kappe. Noch 2020 habe der Senat das Ziel propagiert, ein „offenes und kostenfreies WLAN-Angebot im gesamten Citybereich, an touristischen Hotspots und in den Bezirkszentren anzubieten“, so Kappe.

„Damit ist der Senat krachend gescheitert. In fast jeder Kneipe in Brasilien bekommt man besseres WLAN als in Hamburg. Wer mal versucht hat, in Hamburg in der U-Bahn oder auf touristischen Hotspots WLAN durchgehend zu nutzen, wird feststellen, dass das nicht möglich ist. Auf der U3-Fahrt von Barmbek bis zum Rathaus fliegt man regelmäßig aus dem WLAN. Auch im Jahr 2023 sind immer noch nicht alle öffentlichen Gebäude mit Kundenkontakt mit WLAN ausgestattet. Viele öffentliche Plätze wie die Wochenmärkte weisen noch gar kein WLAN auf.“

Tatsächlich gibt es bis heute kein WLAN auf den Strecken der U-Bahnen – und wird es wohl auch niemals geben. Hochbahn-Sprecherin Constanze Dinse verweist darauf, dass das auch gar nicht geplant gewesen sei. Lediglich auf den Stationen gebe es WLAN, die Installation in den Tunneln sei zu aufwendig. Auch auf den Ausbau mit 5G auf den Strecken macht die Hochbahn wenig Hoffnung, dieser sei aber sowieso Sache der Provider. „Für reguläres Surfen zwischen Haltestellen ist die einfache Funkverbindung übers Handy absolut ausreichend, ruckelfreie Videokonferenzen schafft das Netz eher nicht“, so Dinse. „Diese sind in Wahrheit aber wahrscheinlich auch eher selten in der U-Bahn erforderlich.“