Migration

Nordländer übernehmen keine Flüchtlinge von Hamburg

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Flüchtlinge beim Einzug in die Zeltstadt in Jenfeld

Flüchtlinge beim Einzug in die Zeltstadt in Jenfeld

Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

Sozialsenator Scheele hatte angeregt, aufgrund der prekären Lage in Hamburg Flüchtlinge auf Nachbarländer zu verteilen. Absage aus Kiel.

Hamburg. Der Stadtstaat Hamburg kann bei der Unterbringung von Flüchtlingen vorerst nicht auf die Hilfe von Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern setzen. Beide Länder gaben dem Wunsch der Hansestadt eine Abfuhr, abseits des sogenannten Königsteiner Schlüssels Flüchtlinge zu übernehmen. „Es ist derzeit nicht absehbar, dass die schon bestehenden, aber auch die zeitnah zu errichtenden Erstaufnahmeeinrichtungen über freie Kapazitäten zur Aufnahme von Flüchtlingen aus anderen Bundesländern verfügen werden“, sagte Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt (SPD).

Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte angeregt, dass es auf freiwilliger Basis möglich sein sollte, Flüchtlinge vermehrt dort unterzubringen, wo viele Wohnungen leer stehen. „Wir finden in Hamburg keine Wohnungen, kaufen einen Container nach dem anderen, und woanders wird Wohnraum vernichtet. Das ist verrückt“, sagte Scheele.

Hamburg würde entsprechend dem Sozialgesetzbuch auch dafür bezahlen, so Scheele. Seiner Meinung nach hätten aufnehmende Länder auch Vorteile davon, „Hamburger“ Flüchtlinge zu übernehmen. Flüchtlingsfamilien könnten stabilisierend auf die Infrastruktur in bevölkerungsarmen Gegenden wirken, etwa wenn wegen der zusätzlichen Kinder Schulen und Kitas doch nicht geschlossen werden müssten. Oder wenn sich wegen der höheren Bevölkerungszahl doch noch ein Arzt findet, der in dem Ort eine Praxis unterhalten will.

Scheele: Die meisten Flüchtlinge werden bleiben

„Die bundesweite Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel hat sich bewährt“, sagte Studt. Sein CDU-Innenministerkollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, betonte: „Bei der Verteilung von Asylbewerbern ist der Schlüssel für die Länder eine verlässliche und vor allem berechenbare Größe.“

Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Erstaufnahme. Der Flüchtlingsstrom werde in absehbarer Zeit kaum abreißen, sind sich die Experten sicher. Mehr noch: Anders als nach der Balkankrise in den 1990er Jahren, als die meisten Flüchtlinge wieder in die Heimat zurückgingen, „müssen wir jedoch davon ausgehen, dass die meisten bleiben werden“, mahnt Scheele.

Der Königsteiner Schlüssel bemisst sich nach Einwohnerzahl und Steueraufkommen. Danach muss Hamburg rund 2,5 Prozent aller Asylsuchenden aufnehmen, Schleswig-Holstein knapp 3,4 Prozent und Mecklenburg-Vorpommern etwa 2 Prozent.

Im ersten Halbjahr haben sich in Hamburg mehr als 12.500 Flüchtlinge in der Zentralen Erstaufnahme gemeldet und einen Asylantrag gestellt. Das sind mehr als im ganzen Jahr 2014.

( dpa )