André Trepoll mit großer Mehrheit zum neuen CDU-Fraktionschef gewählt. Wersich wird Bürgerschaftsvizepräsident

Hamburg. Der bisherige justiz- und verfassungspolitische Sprecher André Trepoll ist neuer Fraktionsvorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Die Unionsabgeordneten votierten am späten Mittwochabend mit 19 Ja-Stimmen und einer Nein-Stimme für ihn. Trepoll wird damit Nachfolger von Dietrich Wersich, der neuer Bürgerschaftsvizepräsident werden soll. Auch er erhielt 19 Ja-Stimmen und eine Gegenstimme. „Das sind gute Voraussetzungen, einen neuen Abschnitt der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft zu beginnen. Wir sind jetzt handlungsfähig“, sagte Trepoll nach der geheimen Wahl.

Trepoll hatte sich für Wersich ausgesprochen – ein Zeichen für einen anständigen Umgang mit den eigenen Leuten auch im Moment der Niederlage. Wersich selbst hatte kurz nach der Wahl auf dem Landesparteitag erklärt, dass er zwar sein Mandat annehmen, aber „keine Ansprüche“ mehr auf den Fraktionsvorsitz stellen wolle. Zudem wäre er „froh“, wenn die Fraktion einen anderen Abgeordneten fände, „der den Karren weiterzieht“. Damit war der Weg für einen Wechsel an der Fraktionsspitze frei.

Neben dem Fraktionsvorsitz haben die CDU-Abgeordneten in ihrer ersten Sitzung nach der Bürgerschaftswahl vom 15. Februar auch weitere Personalien bestimmt. Stellvertretende Fraktionschefin wird Karin Prien. Die Schulpolitikerin hatte schon früh angeboten, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen. Sie war kurze Zeit sogar als Vorsitzende im Gespräch. Allerdings konnte sie sich einer ausreichenden Unterstützung ihres Kreisverbandes Altona sicher sein. Zweiter Stellvertreter wird Dennis Thering. Der 30-jährige Ortsvorsitzende aus Alstertal gilt als Perspektivhoffnung von Trepoll. Beide Stellvertreter hat der neue Fraktionschef vorgeschlagen.

Ebenso wie die beiden Posten der parlamentarischen Geschäftsführer. Auch hier folgten die Abgeordneten dem Vorschlag Trepolls, der sich für Amtsinhaberin Birgit Stöver und Dennis Gladiator entschied. Trepoll hat sich hier abermals auf der einen Seite für eine erfahrene Abgeordnete und auf der anderen Seite einen jüngeren Kollegen entschieden.

Klar ist schon jetzt, dass Trepoll keine neuen Konzepte oder Programme schreiben wird. Er hat es mit einer stark dezimierten Fraktion zu tun. Sie zählt nun nicht mehr 28 Frauen und Männer, wie zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode, sondern nur noch 20. Acht dieser Abgeordneten sind darüber hinaus zum ersten Mal in der Bürgerschaft. Der Jurist, der sich nun für den Fraktionsvorsitz von seinem Posten als Chefjustiziar des Industrieverbandes freistellen lässt, wird sich deshalb darauf konzentrieren, seine Mannschaft zu formieren. Da die Bürgerschaft erst am kommenden Montag zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkommt, sind die Ausschüsse bisher nicht bestimmt. Folglich stehen auch die Fachsprecher noch nicht fest.

In den vergangenen Tagen war immer wieder davon die Rede, dass die CDU ihr konservatives Profil schärfen müsse. Trepoll gilt als Konservativer. Das mag mit seiner Vergangenheit als JU-Chef in Hamburg zusammenhängen, wo man ideologisch in dieser Weise geprägt wird. Auch Trepolls Überzeugung ist es, dass die CDU in den vergangenen Jahren beim Ausbalancieren zwischen liberal und konservativ zu häufig ins Liberale gekippt ist. Darüber hinaus hat er sich als Justizpolitiker für härtere Urteile für Straftäter ausgesprochen. Aber ein reiner Law-and-Order-Mann ist deshalb Trepoll nicht.

Zuletzt wurde Wersich auch dafür kritisiert, dass er es an Angriffslust vermissen lassen habe. Trepoll kann zwar auch attackieren und hart in der Sache sein, aber sein Umgang ist freundlich und kollegial. Es ist also nicht zu erwarten, dass Trepoll sich nur um des Show-Effektes willen verstellen wird.

Die inhaltliche Ausrichtung wird sich daher nicht in erster Linie an der Ideologie, sondern an den Sachthemen orientieren. Da dürfte Trepoll voll und ganz auf die gerade entstehende Koalition von SPD und Grünen setzen. Die Hauptangriffspunkte liegen dabei sicherlich bei der rot-grünen Verkehrs- und Wirtschaftspolitik. Und nach dem Wahlerfolg der AfD sind in der Inneren Sicherheit sowie in der Flüchtlingsdebatte deutlichere Positionierungen als bislang zu erwarten.

„Die CDU steht für gute Werte, für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt. Das wollen wir in unserer zukünftigen Arbeit deutlicher machen. Wir wollen unsere Kernkompetenzen schärfen und unterscheidbarer werden zu anderen Parteien. Daran hat es erheblich gemangelt im Wahlkampf“, sagte Trepoll nach seiner Wahl. Er erwarte, dass bei den Koalitionsverhandlungen von Rot-Grün „nicht so gute Ergebnisse für die Stadt“ herauskommen. „Und die CDU muss in der Lage sein, das auch schnell zu kommentieren und vor Fehlentwicklungen zu warnen.“

Unterdessen hat sich der frühere CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus mit Ratschlägen zum künftigen Kurs der CDU zu Wort gemeldet. „Es ist immer falsch, die SPD links überholen zu wollen”, sagte er der „Zeit“. Die CDU sei in einen Wettbewerb mit Linken und Grünen eingetreten, wer noch mehr Geld ausgeben könne. Gleichzeitig habe sie ihre Kernkompetenzen Wirtschaft und Innere Sicherheit komplett aufgegeben. „Dass das nicht funktioniert, ist bei dieser Wahl deutlich unter Beweis gestellt worden“, sagte Ahlhaus. Er kritisierte auch seinen Nachfolger als CDU-Spitzenkandidat. Er hätte sich für Wersich gewünscht, „dass er den Mut zur Selbstkritik und zum unvermeidbaren Rückzug schneller findet“. Ahlhaus hatte 2010 das Amt des Bürgermeisters von Ole von Beust übernommen. Unter ihm platzte die schwarz-grüne Koalition. Bei der anschließenden Bürgerschaftswahl verlor die CDU mit Ahlhaus mehr als 20 Prozentpunkte.