Neue Daten zur Stadtteilentwicklung belegen: Lokstedt, Wilhelmsburg und Lurup besonders beliebt. Schlusslichter sind Hamm und Veddel

Eppendorf. Der Norden und die Mitte Hamburgs boomen: Jeweils rund 30.000 Menschen haben in den Bezirken Mitte und Nord im Jahr 2013 eine neue Heimat gefunden. Das geht aus am Mittwoch veröffentlichten Daten des Statistischen Amtes für Hamburg über die Wanderungen in den Bezirken und Stadtteilen der Hansestadt 2013 hervor. Verlierer sind dagegen die Stadtteile Hamm und Veddel.

Dort sind die Verluste mit einem Minus von 380 Einwohnern (Hamm) und 213 (Veddel) am höchsten (siehe Grafik). Bezogen auf die einzelnen Stadtteile verzeichnen Wilhelmsburg mit einem Plus von 694, Lurup mit 904 und Lokstedt mit immerhin 1194 Einwohnern den höchsten Wanderungsgewinn. „Bei Wohnungssuchenden“, freut sich zum Beispiel Nord-Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD), „ist Hamburg-Nord mit seinen diversen sehr attraktiven Stadteilen zwischen Langenhorn im Norden und Hohenfelde im Süden sehr begehrt.“ Deshalb unternehme der Bezirk jedes Jahr große und erfolgreiche Anstrengungen im Rahmen seiner Wohnungsbauprogramme.

Jeder Jahr legt das Statistikamt für Hamburg und Schleswig-Holstein aktuelle Daten über die Zu- und Fortzüge in Hamburg und innerhalb der einzelnen Stadtteile vor. Weil für die Hansestadt seit etlichen Jahren mehr Zu- als Fortzüge registriert werden, ergibt sich auch für das Berichtsjahr 2013 ein Wanderungsüberschuss: Allein in diesem Zeitraum ist ein positiver Wanderungssaldo von 13.000 Einwohnern zu verzeichnen. Demnach stehen 97.000 Zuzügen 84.000 Fortzüge über die Landesgrenze gegenüber. Insgesamt sind 2013 mehr als 230.000 Menschen in die Hansestadt gezogen oder haben innerhalb der Stadt ihren Wohnort gewechselt.

Die gebürtige Rostockerin Juliane Schröder, 25, zum Beispiel gehört zu jenen Neuhamburgern, die jetzt in Barmbek leben. Laut aktueller Statistik beträgt der Wanderungssaldo im Süden von Barmbek 485 und im Norden 653 Personen. Hamburg, sagt die Studentin, „gefällt mir sehr gut. Ich genieße es, in meiner Freizeit über die vielen Brücken zu laufen und in die Kanäle zu schauen.“ Sie hat ihre Entscheidung, nach Barmbek zu ziehen, nicht bereut. Wie aus den statistischen Daten weiter hervorgeht, bevorzugten im Jahr 2013 Familien mit kleinen Kindern insbesondere Lurup, Lokstedt und Farmsen-Berne. Dort seien die höchsten positiven Wanderungseffekte bei den unter Sechsjährigen mit ihren Eltern festgestellt worden, sagt Annett Jackisch vom Statistikamt. „In den Stadtteilen Eimsbüttel, Winterhude und Hamm war die Zahl der Mädchen und Jungen dieses Alters dagegen am stärksten rückläufig.“

Ein anderes Bild ergibt sich für die ältere Generation: Bei den über 64-Jährigen konnten die höchsten Wanderungsgewinne für Poppenbüttel, Lokstedt und Iserbrook registriert werden. Die größten Verluste traten dagegen in Billstedt, Bramfeld und Dulsberg auf.

Bereits in den vergangenen Jahren zählten Poppenbüttel, aber auch Rahlstedt und Farmsen-Berne zu den beliebten Stadtteilen. Allerdings führt dieser Boom auch zu einer Preisspirale bei den Mieten und Immobilienpreisen, denn Wohnraum ist noch immer knapp. Das Ziel des Senats ist es deshalb, jährlich 6000 Wohnungen zu bauen. Der Bezirk Nord hat sich das Ziel gesetzt, jährlich 900 Wohneinheiten zu genehmigen.

„Angesichts des anhaltenden lebhaften Zuspruchs ist ein Ende der Anstrengungen natürlich nicht in Sicht“, sagte Bezirksamtschef Harald Rösler am Mittwoch dem Abendblatt. Zudem verfüge Hamburg-Nord über „entsprechende Potenziale“.

Dass der Stadtteil Lokstedt zu den Siegern dieser statistischen Studie gehört, hat seinen guten Grund. Seinen rund 25.100 Einwohnern bietet er ein attraktives Wohnumfeld mit Niendorfer Gehege und Hagenbecks Tierpark. „Tagesschau“-Chefsprecher Jan Hofer wohnt selbst in Lokstedt. „Dieser Stadtteil liegt ideal, wenn man zum Flughafen, zur Autobahn oder zum Dammtorbahnhof muss“, sagt er.

Zudem sei der alte Ortskern in der Grelckstraße in den vergangenen Jahren wieder aufgewertet worden. Jan Hofer hat sich bewusst für Lokstedt entschieden – nicht nur wegen der Nähe zum Norddeutschen Rundfunk. „Und viele, die hierherzogen, fragen sich manchmal: Warum lebe ich nicht schon länger hier?“, fügt er hinzu.

Dass Hamm in diesem Ranking einen deutlichen Rückgang erlebt, ist ebenfalls mit der Struktur des Stadtteils zu begründen. In der öffentlichen Wahrnehmung wird Hamm noch immer unterschätzt. In den 90er-Jahren waren die damaligen Stadtteile Hamm-Mitte und -Süd von Armut und Arbeitslosigkeit geprägt – das wirkt bis heute nach und ist ein Grund dafür, warum dort weniger Menschen wohnen wollen. Während es im mittleren Hamm etliche Super- und Drogeriemärkte sowie Apotheken gibt, besitzt das Osterbrookviertel im Süden eine schlechtere Infrastruktur. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier nur ein kleines Wohngebiet aufgebaut.