„Transit“ in Hamburg eingetroffen. Zustände in Erstaufnahmelager problematisch

Harburg. Die „Transit“ ist da – das erste Wohnschiff in Hamburg seit vielen Jahren. 110 Meter lang und 14 Meter hoch, finden hier 250 Flüchtlinge ein zumindest vorübergehendes Zuhause. Zumindest für fünf Jahre soll die „Transit“ in Hamburg festmachen.

Der Liegeplatz ist im Harburger Binnenhafen. Das manövrierunfähige, ehemalige Hotelschiff war über die Nordsee aus Rotterdam nach Hamburg geschleppt worden. Am Freitagmorgen erreichte der Schlepper „RT Spirit“ mit dem dreistöckigen Bau im Schlepptau Schuppen 80, am späten Abend sollte die „Transit“ dann das letzte Stück zum Harburger Kanalplatz geschleppt werden. Bei Redaktionsschluss lag es wegen des starken Windes jedoch vorerst am Grevenhofkai (bei Blohm + Voss).

Anfang Januar werden die Zimmer auf dem Flüchtlingsschiff möbliert. Noch im gleichen Monat sollen die ersten Flüchtlinge einziehen. Die Sozialbehörde hofft, neu ankommende Flüchtlinge schneller aus der sogenannten Erstaufnahme entlassen und auf das Schiff oder in neue Containerdörfer umsiedeln zu können. Denn die Zustände in der Erstaufnahme sind problematisch – wie in der auf dem Harburger Schwarzenberg. Ein Ortstermin.

Viereinhalb mal zweieinviertel Meter. Darin vier Betten und ein Tisch. Im Vorraum vier Spinde. „Wenn einer aufsteht, müssen die anderen drei liegen, sonst ist kein Platz“, sagt Musa Gorani. Der 41-jährige Ingenieur aus Syrien ist einer von 647 Bewohnern des Flüchtlings-Erstaufnahmelagers auf dem Schwarzenberg. Seine drei Mitbewohner im Container kommen aus Palästina und ebenfalls aus Syrien. Gorani ist Anfang Oktober angekommen. „Ich habe Syrien verlassen, weil es nicht einmal in Damaskus mehr sicher ist“, sagt er.

Den Ausschlag gab eine Straßensperre, in die Gorani geriet, als er für seinen Arbeitgeber Ersatzteile besorgte. Er und eine Handvoll anderer Männer wurden bis zum Abend festgehalten, ohne, dass auch nur irgendjemand mit ihnen sprach. Dann wurden sie wortlos auf die Straße geschickt. Sie erfuhren nie, wer sie verhaftet hatte oder warum. Da war es auch für Gorani mit der Heimatliebe vorbei. Er nahm das Ersparte und ließ sich über die Türkei nach Europa schleusen. Sechs Wochen dauerte die Reise. „Das war gefährlich und abenteuerlich, meiner Frau will ich das nicht zumuten. Ich will sie nachholen, wenn ich hier einen festen Aufenthaltsstatus habe.“

Mit diesem Status könnte er auch den Schwarzenberg verlassen, so es denn andere Unterkünfte gibt. In der Erstaufnahmeeinrichtung gibt es seiner Meinung nach einiges zu verbessern. „Wir haben hier ein Bett, Kleidung, und wir bekommen zu essen“, sagt er. „Aber darüber hinaus mangelt es an allen Ecken und Enden.“

Das geht schon vor der Containertür los: Die Wege sind nicht befestigt. Hier, wo bis vor Kurzem Gras wuchs, liegen seit einigen Tagen Holzschnitzel. „Ein bisschen wie im Hamstergehege“, witzelt der Eritreer Isayah. „Aber vor einer Woche stapften wir hier noch durch den Schlamm.“ Isayah ist mit seiner Frau aus der eritreischen Armee desertiert. Im Zivilleben waren sie Lehrer. Er für Arabisch, sie für Englisch. Drei Jahre schlugen sie sich im Sudan durch, bis sie das Geld hatten, um weiterzufliehen.

Die beiden sind froh, hier angekommen zu sein. Und doch können auch sie nicht über alle Mängel hinwegsehen: Zum Beispiel bei den Versorgungseinrichtungen. Für 635 Menschen gibt es neun Waschmaschinen. Das Gedränge davor ist groß. Ist die Wäsche gewaschen, kommt das nächste Problem: Wäschetrockner gibt es auch nicht viele, und in den engen Containern kann man die Sachen nicht trocknen. Die Zäune der Einrichtung werden bei gutem Wetter zur Wäscheleine.

Die beiden Küchen- und Verpflegungszelte haben nur zu den Essenszeiten für jeweils zwei Stunden geöffnet. „Wir gehen zum Essen und stehen gleich wieder auf, damit die Nächsten auch noch eine Chance haben, sich zum Essen zu setzen. Es gibt zu wenig Plätze“, sagt Musa Gorani. Um 19 Uhr schließt das Küchenzelt. Die Bewohner können danach nicht einmal mehr einen Tee bekommen. Einen Wasserkocher im Container zu betreiben ist ihnen nicht erlaubt – Sicherheitsgründe.

„Am meisten stört das Nichtstun“, sagt Gorani. Außer einem Deutschkursus gibt es eine Strickgruppe und interkulturelles Training. Nur die Kinder werden intensiver betreut. Außerdem bieten eine Hebamme, eine Ärztin und eine Kinderärztin Sprechstunden an. Ab Januar soll sich das Angebot deutlich verbessern, verspricht Christiane Schröder, Sprecherin der städtischen Pflegen und Wohnen GmbH. Vor allem soll dann ein Traumatherapeut die Arbeit aufnehmen – drei Monate nachdem das Lager eröffnet wurde.

Ehrenamtliches Engagement gibt es reichlich. Eine Gruppe Harburger, die sich über Facebook gefunden hat, organisiert regelmäßig Spaziergänge mit Flüchtlingen – mal zum Jugendzentrum, mal zu Spielplätzen, mal zum internationalen Supermarkt, mal zu Ämtern und mal zum Flüchtlingscafé in der Trinitatiskirche. Das ist an zwei Tagen in der Woche geöffnet und stets brechend voll. Auch hier helfen Freiwillige. „Die Harburger sind wirklich warmherzig“, sagt Musa Gorani zum Abschied.