Im Streit um die Schulzeit bis zum Abitur liegt jetzt der zweite Vorschlag auf dem Tisch

Hamburg. Während sich die Vereinigung der Leitungen Hamburger Gymnasien und Studienseminare (VLHGS) in einem dramatischen Appell gegen die Rückkehr zum längeren Weg zum Abitur (G9) wendet, gehen die Abgeordneten verstärkt auf die Volksinitiative „G9-Jetzt-HH“ zu. Nach der CDU haben nun auch die Grünen einen Kompromissvorschlag präsentiert. Danach sollen sich die Schulkonferenzen der 60 Gymnasien entweder für das kürzere, jetzt schon existierende G8 oder für das längere G9 entscheiden. „Im Rahmen von runden Tischen mit der Schulbehörde und den Schulen in den Regionen werden die Angebote abgestimmt“, sagte die Grünen-Schulpolitikerin Stefanie von Berg.

Das könne im Einzelfall bedeuten, dass eine Schulentscheidung auch wieder korrigiert werden müsse. Ziel sei es, dass die Schüler und Eltern in jeder Region die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 am Gymnasium sowie G9 an der Stadtteilschule hätten. „Eine vollständige Rückkehr zu G9 an allen Gymnasien und das Y-Modell lehnen wir ab“, sagte die Grüne. Beim Y-Modell bieten die Schulen beide Wege zum Abitur, G8 und G9, parallel an. Die Volksinitiative fordert diese Wahlmöglichkeit an allen Gymnasien für alle Eltern.

Die Grünen waren 2002 gegen die Einführung von G8. „Für das Anliegen der Volksinitiative haben wir deswegen Verständnis“, sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. Eine sofortige Umstellung auf ein G9-Angebot an allen Standorten und in allen Klassenstufen würde jedoch gewachsene Klassenverbände auseinanderreißen und für große Unruhe sorgen. Die Grünen fordern außerdem, dass auch die Gymnasien künftig an der Umsetzung der Inklusion von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf beteiligt werden.

Am heutigen Mittwoch will die allein regierende SPD im Rahmen der Verhandlungen mit der Volksinitiative erstmals eigene Vorschläge für einen Kompromiss im Streit um G9 vorlegen. Die Grünen fordern, dass nun auch die anderen Fraktionen an den Gesprächen mit der Initiative beteiligt werden.

In ihrem Appell betonen die Schulleiter, dass die Zufriedenheit der Schüler mit dem G8-System ebenso hoch sei wie die der Eltern. „Anders ist der ungebremste Zulauf für die Gymnasien gar nicht erklärbar“, heißt es in dem offenen Brief. Vor einem Votum des Wählers per Volksentscheid müsse die Schulbehörde die Mehrkosten gesichert beziffern. Nach Berechnungen der Schulleiter müssten mindestens fünf Räume pro Gymnasium zugebaut werden – insgesamt rund 300. Die Schulbehörde rechnet mit Baukosten in Höhe von 180 Millionen Euro, wenn alle Gymnasien G9 anbieten würden.