Bewohner und Mitarbeiter der Caritas-Heime reagieren geschockt auf Insolvenz. Das Problem sei dabei seit einigen Jahren bekannt, Experten weisen schon länger auf die Entwicklung hin.

Hamburg. Nach der Insolvenz von sieben Pflegeheimen der Caritas Hamburg Wohnen & Soziale Dienste GmbH sind Bewohner und Mitarbeiter in großer Sorge. „Die Nachricht war für alle ein Schock“, sagte Timo Spiewak, Sprecher der Caritas. „Viele Kollegen fürchten nun um ihren Arbeitsplatz. Sie haben aber sehr professionell reagiert. Es gab keine Schuldzuweisungen.“

Spiewak nannte erneut die Überkapazität der stationären Pflegeeinrichtungen in Hamburg als Ursache. Das Problem sei seit einigen Jahren bekannt, Experten weisen schon länger auf die Entwicklung hin. Dennoch sei die Insolvenz nicht zu verhindern gewesen. Der Leerstand in den Pflegeheimen betrifft die gesamte Hansestadt.

Wie Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde, bestätigt, sind von den rund 17.500 Betten für stationäre Pflege derzeit 1700 Betten frei – fast jedes Zehnte. Nur 90 Prozent aller Betten sind belegt. Damit liegt Hamburg aber im Bundesschnitt, wie der deutsche Verband privater Anbieter sozialer Dienste bestätigt. Das Problem liege auch nicht an den Kosten für Betroffene. „Die Versorgung scheitert nicht an den Finanzen. Wer die Pflege braucht, bekommt sie auch“, sagt Herbert Mauel, Geschäftsführer des Verbands.

Wie es mit den betroffenen Heimen in Hamburg weitergeht, ist noch unklar. Neben den Einrichtungen Bischof-Ketteler-Haus, Elisabeth-Haus, Haus Johannes XXIII. und St. Theresien ist auch die Mutter-Kind-Klinik Westfalenhaus in Timmendorfer Strand sowie die Berufsschule für Altenpflege, Gesundheits- und Pflegeassistenz betroffen. Die Entscheidung über die Zukunft liegt beim Insolvenzverwalter.

Lange Wartezeiten bestehen weiter bei Häusern für betreutes Wohnen

„Aber auch die katholische Kirche ist jetzt gefordert“, sagt Dirk Kienscherf, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter. „Die Bewohner dürfen nicht zum Spielball der Kirche werden.“ Kienscherf sieht die Überkapazität der Pflegeheime nicht als Problem. „Konkurrenz belebt doch das Geschäft.“ Die Caritas betont, dass es in Hamburg kein grundsätzliches Problem mit Pflegeeinrichtungen gebe. Die Nachfrage nach betreutem Wohnen sei weiterhin groß, die Wartelisten lang. Die Überkapazität bestehe nur bei der stationären Pflege.

Katharina Fegebank, Landesvorsitzende der Grünen, sieht die Ursache in der Zunahme privater Anbieter wegen des demografischen Wandels. „Viele private Anbieter haben sich mit der Erwartung an steigende Nachfrage frühzeitig am Markt positioniert“, sagt Fegebank. „Sie sind damit ein hohes Risiko eingegangen.“ Die Politik sei dabei machtlos. „Es gibt kaum Instrumente auf Landesebene, um den Markt der Pflegeheime zu regulieren“, sagt Fegebank. Die Grünen-Politikerin rät den Trägern, sich stärker den Bedürfnissen der Menschen anzupassen. „Der Trend geht zur Pflege im Quartier, Wohngemeinschaften und in den eigenen vier Wänden“, sagt Fegebank.

Bereits am 30. Juni schließt das Seniorenheim St. Bernard in St. Georg. Auch hier gab es einen hohen Leerstand. „Wir haben rechtzeitig die Notbremse gezogen“, sagt Heimleiter Kurt Bonekamp-Adelmann. „Es wurden zu viele Heime gebaut, ohne eine Marktanalyse zu machen.“