Schüler und Lehrer fühlen sich von den Islamisten zunehmend unter Druck gesetzt. Neben den Salafisten tritt auch die seit 2003 verbotene Hizb ut-Tahrir in Erscheinung.

Hamburg. Salafisten und andere islamistische Organisationen versuchen gezielt, an einzelnen Hamburger Schulen neue Anhänger für sich zu werben und fundamentalistische Propaganda zu verbreiten. Neben den Salafisten, deren Anhängerschaft in Hamburg 2013 von 200 auf 240 Personen angewachsen ist, tritt auch die seit 2003 verbotene Hizb ut-Tahrir in Erscheinung – eine gewaltorientierte Organisation, die die Errichtung eines weltweiten Kalifats auf der Grundlage der Scharia anstrebt und in der Hansestadt 80 Anhänger hat. „Sowohl Salafisten als auch Angehörige der HuT versuchen unter anderem an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen neue Anhänger zu gewinnen“, schreibt der Senat in seiner Antwort auf eine FDP-Anfrage. So weiß der Verfassungsschutz von einem HuT-Anhänger, der sich als Mitglied des Elternrats ausgab und ausdrücklich nur Väter zu einer Veranstaltung einlud, um „die Situation und die Zukunft ihrer Kinder“ an der Schule zu erörtern.

Noch drastischere Fälle nennt ein behördeninternes Papier des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung mit dem Titel „Religiös gefärbte Konfliktlagen an Hamburger Schulen“, über das die „Morgenpost“ berichtet. Schülerinnen würden unter Druck gesetzt, wenn sie kein Kopftuch trügen oder am Schwimmunterricht teilnehmen wollten, Lehrer berichteten von religiös motivierter Gewaltandrohung, Mädchen dürften an der Grundschule plötzlich weder tanzen noch spielen, in Freundschaftsbüchern finde sich salafistische Propaganda. Ein alevitischer Schüler sei so sehr gemobbt worden, dass seine Eltern ihn von der Schule genommen haben. Radikalisierte Eltern forderten Gebetsmöglichkeiten in Schulen, Jugendliche versuchten mit spontanen Gruppengebeten zu provozieren. Besonders aktiv sind die Islamisten laut Behördenpapier in Mümmelmannsberg, betroffen sind aber auch andere Stadtteile. Es sind extreme Einzelfälle, aber sie können auf einen ernstzunehmenden Trend hinweisen.

Das Landesinstitut versucht, die Schulen bei diesem Problem mit Beratung zu unterstützen und arbeitet dabei auch mit dem LKA zusammen. Im April wird der Verfassungsschutz mit der Ausstellung „Die missbrauchte Religion. Islamisten in Deutschland“ aufklären und auch Schulen einbeziehen.

Experten unterscheiden mehrere Gruppen von Salafisten: „Viele sind fundamentalistisch in ihrem Glauben, aber nicht politisch“, sagt Claudia Dantschke, Leiterin der Beratungsstelle Hayat in Berlin, finanziert vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Andere sogenannte Salafisten würden politisch für einen Gottesstaat werben. „Nur wenige sehen Gewalt tatsächlich als legitimes Mittel für ihre Ideologie an.“ Bei jugendlichen Anhängern spielt die Suche nach Identität und Orientierung in einer Gesellschaft eine Rolle, in der sie meist nur mit Mühe Anschluss finden. Im Weltbild der Salafisten gibt es nur einen Maßstab: den „Willen Allahs“. Ihrem Fundamentalismus ordnen sie alles andere unter. Viele Muslime sind in Sorge über die Bewegung.