Bürgerschaftsfraktion der Christdemokraten spricht auf ihrer Klausurtagung in Jesteburg über Verkehr und Wohnen. Die Stadtbahn koste nur ein Zehntel bis ein Viertel einer U-Bahn.

Hamburg/Jesteburg. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion läutet das Wahljahr ein. Zwölf Monate vor dem Urnengang für die Bürgerschaft hat sich die Fraktion im niedersächsischen Jesteburg zu einer eintägigen Klausurtagung getroffen, um die Schwerpunktthemen für die CDU zu formulieren. Dabei hat die Fraktion zunächst Ideen für Verkehr und Wohnen formuliert. „Dieses ist das wichtigste Jahr für die kommenden fünf Jahre“, sagte Fraktionschef Dietrich Wersich mit Blick auf die Bezirksversammlungs- und Europawahlen im Mai und die Wahlen zum Landesparlament in einem Jahr.

Zunächst hat sich die Fraktion am Sonnabend aber mit ganz aktuellen Themen beschäftigt. Auf Vorschlag der Schulpolitikerin Karin Prien stimmte die Fraktion dem Antrag auf Fristverlängerung für die G9-Initiative zu. Wie berichtet, bittet die Initiative die Bürgerschaft darum, ein Volksbegehren erst nach den Sommerferien durchzuführen. Innerhalb von drei Wochen müssen rund 65.000 Unterschriften gesammelt werden. Die Chance, das Ziel zu erreichen, ist außerhalb der Ferien naturgemäß höher. Die CDU-Fraktion, die die flächendeckende Wiedereinführung des neunjährigen Wegs zum Abitur (G9) am Gymnasium und die Wahlfreiheit zwischen G8 („Turbo-Abi“) und G9 an allen Standorten ablehnt – wie im Übrigen alle fünf Bürgerschaftsfraktionen – will mit ihrer Zustimmung zur Fristverlängerung die aktuelle Debatte entspannen. „Wir möchten keinen Anlass bieten, dass sich irgendjemand benachteiligt fühlt“, sagte Wersich.

Die Fraktion hat zudem einen Beschluss zum geplanten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur („Yaya“) Y. gefasst. Darin geht es um den genauen Untersuchungsgrund des PUA. Den Inhalt wollte Wersich nicht vorstellen, da dieser noch mit den Fraktionen der Grünen und der FDP abgestimmt werden müsse. Diese drei Fraktionen hatten in der vergangenen Woche angekündigt, den PUA einsetzen zu wollen. Kommenden Mittwoch wollen sie den Antrag in die Bürgerschaft einbringen.

Im Zentrum der Ideen für eine aus Sicht der CDU bessere Verkehrspolitik steht die Stadtbahn. „Seit 2001 ist die Zahl der HVV-Nutzer von 502 Millionen auf 728 Millionen Fahrgäste im Jahr um 45 Prozent gestiegen“, sagte Wersich. Für die kommenden Jahre werde eine jährliche Wachstumsrate zwischen 1,5 und 2,4 Prozent erwartet. Mit Stadtbahnlinien könnten mehrere Ziele gleichzeitig erreicht werden: kürzere Fahrzeiten, Entlastung der innerstädtischen U-Bahnen und Busse sowie eine Erhöhung der Fahrgastkapazitäten. Die Stadtbahn koste nur ein Zehntel bis ein Viertel einer U-Bahn. „Somit kann bis zu zehnmal so viel Strecke gebaut werden.“ Die CDU-Fraktion sieht das Busbeschleunigungsprogramm weiterhin als überteuert und als schlechte Lösung an. „Es bindet bisher vernachlässigte Stadtteile wie Lurup, Osdorfer Born, Steilshoop sowie die Arenen im Volkspark nicht ausreichend an das öffentliche Nahverkehrsnetz an“, so Wersich. Von der U-Bahn will aber auch die CDU nicht lassen. So sprach sich die Fraktion für einen Weiterbau der U-Bahn-Linie U4 nach Wilhelmsburg, Kirchdorf und Harburg aus.

Innerstädtische P+R-Anlagen sollten verkauft werden

Um noch mehr Menschen zum Umsteigen vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel zu ermuntern, denkt die CDU darüber nach, P+R-Anlagen innerhalb des Ring 2 zu verkaufen und dieses Geld für den Ausbau und die Sanierung von P+R-Anlagen außerhalb zu investieren. „So kann auch die kostenfreie Nutzung der dann verbliebenen Anlagen beibehalten werden.“ Zudem müssten die Verkehrsströme beim Warentransport besser gelenkt werden. „Lkw gehören auf die Hauptverkehrsstraßen und nicht in die Wohngebiete“, sagte Wersich. Der Lkw-Verkehr könne verstärkt außerhalb der Hauptverkehrszeiten gelenkt werden, indem er tagsüber teurer werde. Dafür müssten entsprechende Techniken entwickelt werden, so die Idee.

Darüber hinaus wollen die Christdemokraten die Koordinierungsstelle für Baumaßnahmen auf den Hauptverkehrsstraßen (KOST) personell verstärken. Viele Baumaßnahmen würden eben nicht aufeinander abgestimmt, was Staus verursache, so Wersich. Wie das Vorhaben finanziert werden soll, dazu gab es aber noch keine Vorschläge.

In den östlichen Stadtteilen bestehen Reserven für bis zu 20.000 Wohnungen

In dem zweiten großen Themenkomplex in Jesteburg ging es um die Frage, wie sich die CDU die Zukunft des Wohnens vorstellt. Wersich mahnte, dass der aktuelle Boom bei den Baugenehmigungen (im vergangenen Jahr waren es 10.328) „nicht zur Blase werden darf, die platzt und in nie realisierte Wohnungen mündet“. So müsste zu den ersten beiden Förderwegen noch ein dritter hinzukommen, damit Familien mit mittleren Einkommen bezahlbare Wohnungen zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Stadt müsse zudem verstärkt Flächen für den Eigenheimbau ausweisen, damit das Abwandern von „Familien und guten Steuerzahlern ins Umland gestoppt“ werde.

Die Fraktion wies darauf hin, dass die östlichen innenstadtnahen Stadtteile wie Rothenburgsort, Hammerbrook, Hamm, Horn, Billbrook und Billstedt in den Fokus der Stadtentwicklung rücken müssen. Häufig leide dort die Lebensqualität noch immer unter den Folgen der Zerstörungen im Krieg. Wersich: „Hier bestehen Reserven für bis zu 20.000 Wohnungen.“