Hamburgs Ex-Bürgermeister bietet Hilfe als Vermittler an, wenn Olaf Scholz ihn ruft

Hamburg. Der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) hat dem Senat seine Unterstützung bei der Lösung des Konflikts um die besetzte Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel angeboten. „Wenn der Bürgermeister mich bitten würde, tue ich für ihn alles“, sagte der 85-Jährige dem Abendblatt. Er wolle sich aber nicht aufdrängen.

Die Erfahrung für einen solchen Sondereinsatz würde von Dohnanyi fraglos mitbringen: Er war von 1981 bis 1988 Hamburger Bürgermeister, 1987 war es ihm gelungen, den Konflikt um die besetzten Hafenstraßen-Häuser in Hamburg-St. Pauli durch direkte Verhandlungen mit den Besetzern zu lösen. Auch im Konflikt um die Rote Flora plädiert er jetzt für Gespräche. „Man muss mit denen reden, der Senat darf sich niemals zu fein sein dafür“, sagte der Ex-Bürgermeister. Die Welt werde „immer komplizierter und fragiler“, die gesellschaftlichen Bindekräfte nähmen ab, und die Vermögensungleichheit nehme weiter zu. Daher werde es „immer mehr Aussteiger“ geben. „So wie man im 19. Jahrhundert mit der aufkommenden Gewerkschaftsbewegung reden musste, muss man heute auch mit diesen Gruppen reden, auch wenn sie offenkundig Rechtsbrecher sind.“ Auf die Frage, wie man mit den autonomen Besetzern der Roten Flora umgehen solle, sagte Dohnanyi: „Auf jeden Fall keinen Krieg führen, wenn es sich vermeiden lässt. Und man muss jemanden auf deren Seite finden, mit dem man reden kann.“

Über die Ausschreitungen in den vergangenen Wochen sagte der Ex-Bürgermeister: „Das sind Gewalttäter, Staatsfeinde, die den Rabatz lieben. Die spielen Katz und Maus mit Senat und Polizei. Man muss das eindämmen, aber man muss auch wissen, allein mit Gesetz und Staatsgewalt lässt sich kein Frieden herstellen.“ Wenn man miteinander rede, schaffe dies „auf beiden Seiten Handlungsfähigkeit“. Dohnanyi: „Die Kunst besteht immer darin, neue Bewegungen kommunikativ so zu integrieren, dass die Gesellschaft sich weiter entwickeln kann.“

Der Hamburger Senat nahm das Vermittlungsangebot freundlich-zurückhaltend zur Kenntnis: „Der Bürgermeister weiß aus persönlichen Gesprächen mit Klaus von Dohnanyi, dass dieser immer bereitsteht, wenn er gebraucht wird. Das ist gut“, teilte Senatssprecher Christoph Holstein auf Anfrage mit. Generell gelte: „Der Bebauungsplan zur Sicherung eines Kulturzentrums auf dem Gelände ist mit Stimmen der Fraktionen in Altona und Unterstützung des Senats auf den Weg gebracht. Der sogenannte Kulturinvestor hat das Grundstück im Jahr 2001 gekauft, um die Situation um die Flora zu entspannen. Jetzt geht es darum, ihn zu hindern, das Gegenteil zu tun“, so Holstein mit Blick auf den Flora-Eigentümer Klausmartin Kretschmer.

CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich lehnt die Einschaltung eines Vermittlers deutlich ab. „Das brauchen wir nicht. Als Bürgermeister oder Innensenator hätte ich selbst schon längst mit den Leuten aus der Roten Flora oder auch mit den Lampedusa-Flüchtlingen gesprochen. Ich halte es für falsch, sich dabei zurückzuhalten“, so Wersich. Und weiter: „Dass sich Herr von Dohnanyi einschaltet, ist eine Ohrfeige für die Regierenden.“ Eine ähnliche Haltung äußerte am Sonntag auch die Hamburger FDP. „Klaus von Dohnanyi spricht aus, was die SPD und Olaf Scholz längst hätten erkennen müssen: Der Senat darf sich nicht zu fein sein, um das Problem Rote Flora politisch zu lösen“, sagte Fraktionschefin Katja Suding. „Gefahrengebiete überstürzt einrichten oder das Abschieben der Verantwortung in den Bezirk reichen überhaupt nicht. Bürgermeister Scholz sollte den Rat und das Hilfsangebot seines Vorgängers dringend annehmen: Hamburg braucht eine politische Strategie, um die Situation friedlich und rechtsstaatlich verantwortbar zu lösen.“