CDU-Abgeordneter hatte sich über die Antwort auf seine Anfrage beschwert. Das Verfassungsgericht gibt ihm recht

Neustadt. Mit einem siegessicheren Lächeln betrat der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Roland Heintze um 9.56 Uhr den Plenarsaal des Hamburgischen Verfassungsgerichts. Triumphieren konnte er bereits wenige Minuten später, als der Verfassungsgerichtspräsident Joachim Pradel das Urteil verlas. Das Verfassungsgericht entschied am Donnerstag einstimmig, dass der Senat eine Kleine Anfrage des CDU-Politikers nicht ausreichend beantwortet und damit seine Rechte verletzt hat. Mit Erfolg klagte auch die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider. Auf ihre Kleine Anfrage habe der Senat ebenfalls zu Unrecht eine Antwort verweigert.

„Das Urteil ist wichtig, weil es die Informationsrechte der Abgeordneten stärkt“, sagte Heintze nach der Urteilsverkündung. Mit der Intransparenz und Informationsunterdrückung müsse nun Schluss sein. „Bürgermeister Olaf Scholz muss nun erklären, wie der Senat künftig besser mit parlamentarischen Anfragen umgeht“, forderte Heintze. „Wenn wir Pech haben, stehen wir hier sonst in einem Jahr wieder.“

Der CDU-Politiker hatte 2012 eine Anfrage im Zusammenhang mit dem Kauf des 25,1-Prozent-Anteils der Energienetze durch die Stadt gestellt. Anlass war ein anonymes Schreiben, in dem vor dem Erwerb gewarnt worden war. Heintze wollte daraufhin wissen, wie viele anonyme Schreiben mit welchem Inhalt die Stadt erhalten hat und wie der Senat damit umgeht.

Heintze wollte vom Senat wissen, wie er mit anonymen Schreiben umgeht

Der Senat gab aber nur an, dass es 86 solcher Schreiben gegeben habe und verwies darauf, dass Heintze den Rahmen des Fragerechts überschreite und es sich nicht um eine öffentliche Angelegenheit handele. Das sah der Verfassungsgerichtspräsident Pradel gestern anders: „Der Umgang des Senats mit anonymen Schreiben stellt eine Verwaltungstätigkeit und damit eine öffentliche Angelegenheit dar.“

Der Staatsrat der Justizbehörde Ralf Kleindiek (SPD), der gestern den Senat vor Gericht vertrat, reagierte gelassen: „Es ist eine Klarstellung durch das Verfassungsgericht in einer Einzelfrage.“ Daran werde sich der Senat halten. Zudem habe der Senat die Antwort auf die Anfrage im Laufe des Verfahrens nachgereicht. „Uns ging es nie darum, etwas zu verheimlichen.“

Es sei lediglich ein Antwortentwurf zu den Gerichtsakten gelegt worden, kritisiert Roland Heintze. „Eine offizielle Drucksache gibt es nicht.“ Es sei unmöglich, dass die Verwaltung eine Antwort vorbereitet habe, diese aber nicht weitergegeben worden sei. Heintze will nun wissen, wer politisch dafür verantwortlich ist. Zudem werde er eine Anfrage und einen Antrag stellen, um zu erfahren, was der Bürgermeister konkret am Umgang mit parlamentarischen Anfragen ändern will. „Olaf Scholz kann das Urteil des Verfassungsgerichts nicht ignorieren.“

Der Senat sieht keinen Grund, am Umgang mit Anfragen etwas zu ändern

Dass die Entscheidung des Gerichts nicht nur für die beiden Einzelfälle von Bedeutung ist, davon ist auch die Linken-Angeordnete Christiane Schneider überzeugt. „Es ist ein wichtiges Urteil für die Demokratie in Hamburg“, sagte Schneider. In ihrer Kleinen Anfrage hatte sie sich nach dem Etat des Verfassungsschutzes erkundigt – dazu wollte sich der Senat jedoch aus Sicherheitsgründen nicht äußern. Zu Unrecht, wie das Verfassungsgericht gestern entschied. Der Senat habe unzureichend begründet, warum er die Antwort verweigert habe, sagte der Verwaltungsgerichtspräsident.

Der Senat sieht jedoch keinen Grund, etwas an seinem Umgang mit Anfragen von Abgeordneten zu ändern. „Es gibt ein eingespieltes Verfahren“, sagte Senatssprecher Jörg Schmoll. Wenn Abgeordnete mit der Beantwortung von Anfragen nicht einverstanden seien, könnten sie sich an die Bürgerschaftspräsidentin wenden. „Wenn die Prüfung dann im Einzelfall ergibt, dass die Antwort zu Recht beanstandet wurde, wird sie nachgebessert.“

Das Auskunftsverhalten des SPD-Senats steht seit Längerem in der Kritik. Seitdem die SPD regiert, hat sich die Zahl der Beanstandungen verdoppelt. Unter dem schwarz-grünen und – nach dem Koalitionsbruch – CDU-geführten Senaten gab es 27 Beschwerden. In den zweieinhalb Jahren des SPD-Senats ist die Zahl der Beanstandungen wegen unzureichender Antworten des Senats auf 55 gestiegen. Allerdings nahm auch die Zahl der Anfragen um 16 Prozent auf 6012 zu. Das Fragebedürfnis bei vier Oppositionsfraktionen ist größer als in der vorherigen Legislaturperiode mit nur zweien, der SPD und der Linken.