Austritt von Corny Littmann beim CSD-Organisationsverein Hamburg Pride. Er prangert finanzielle Verflechtungen von Vorstand und Ahoi GmbH an. Die Situation gleicht einer Schlammschlacht.

Hamburg. Es wirkt immer so harmonisch: Die Christopher Street Day-Parade (CSD) in Hamburg steht Jahr für Jahr für eine zwar politische, aber vor allem fröhliche und bunte Veranstaltung, bei der Hunderttausende Menschen friedlich miteinander feiern. Für die Organisation dieses lukrativen Events mit großem dreitägigen Straßenfest am Jungfernstieg ist der Verein Hamburg Pride verantwortlich.

Doch im Verein selbst ist von Frieden und Freude nur noch wenig zu spüren. Es gleicht eher einer Schlammschlacht. In den Hauptrollen: der Erste Vorsitzende, Lars Peters, und sein Gegenspieler, Theater-Chef und Schwulen-Ikone Corny Littmann, der im Jahr 2010 sogar CSD-Schirmherr war. Der vorläufige Höhepunkt war vor wenigen Tagen erreicht, als Littmann in einer Wut-Mail an den Vorstand (liegt dem Abendblatt vor) seinen sofortigen Austritt aus dem Verein erklärte. Die schriftliche Attacke von Littmann, dem bekanntesten schwulen Aktivisten in dieser Stadt, hat es in sich. Dabei prangert Littmann vor allen Dingen die finanziellen Verflechtungen zwischen dem Vorstand und der Ahoi Events GmbH & Co. KG an, die den CSD für den Verein ausrichtet und damit auch die Einnahmen erhält: "Ich möchte nicht mehr Mitglied in einem Verein sein, der als Feigenblatt dazu genutzt wird, dass einige wenige, auch der Erste Vorsitzende, ihre privaten finanziellen Interessen realisieren können", so der Vorwurf.

Fakt ist: An der Agentur Ahoi ist der Erste Vorsitzende Lars Peters mit 25 Prozent beteiligt, außerdem ehemalige Vorstandsmitglieder. 20 Prozent der Anteile hält der Verein.

Die Ahoi Events GmbH & Co. KG, die auch das beliebte Stadtfest St. Georg und den Winter Pride an der Langen Reihe organisiert, soll im Zeitraum von 2005 bis 2012 nach Abendblatt-Informationen rund 93.000 Euro Gewinn gemacht haben. Wie viel davon Lars Peters erhielt? "Ich werde hier keine genauen Summen nennen, aber in einem guten Jahr lag der Gewinn für mich nach Steuern im nicht nennenswerten vierstelligen Bereich." Dafür erhalte er aber ansonsten keinerlei Vergütungen für seine zeitaufwendige Vorstandsarbeit, so Peters. Er legt auch Wert darauf: "Die Ahoi Events GmbH & Co. KG wurde aus der Not heraus gegründet, weil 2005 keiner mehr den damals noch hoch defizitären CSD ausrichten wollte." Für Littmann steht fest: "Dass ehrenamtliche Vorstände an der Ahoi GmbH beteiligt sind, die mit der Ausrichtung des CSD und weiteren lukrativen Veranstaltungen gutes Geld verdient, ist den vielen wirklich Ehrenamtlichen nicht mehr zu vermitteln."

Doch für Peters könnte es mit der Beteiligung an der Ahoi Events GmbH & Co. KG schon bald vorbei sein. Denn auf eine außerordentlichen Mitgliederversammlung Ende April wurde mit großer Mehrheit beschlossen, dass künftig ein Vorstandsmitglied keine Anteile mehr an einer Veranstaltungsagentur halten kann, die von Hamburg Pride beauftragt wird. Diese Regelung gilt ab dem 1. Januar 2014: "Wenn ich im Oktober wieder für den Vorstand kandidieren sollte, dann müsste ich meine Ahoi-Anteile abgeben", sagt Peters. Die zweite Option wäre, dass Peter weiterhin Gesellschafter bleibt und auf ein Vorstandsamt verzichtet oder aber beides aufgibt. Wie er sich entscheiden wird, dazu wollte sich Lars Peters nicht äußern.

Fest steht bereits: Der Verein wird seinen 20-prozentigen Anteil an die übrigen Gesellschafter veräußern. Aber trotzdem bleiben Verein und Ahoi weiterhin eng verbunden - so hat es die außerordentliche Mitgliederversammlung beschlossen: Ahoi erbringt für den Verein jährlich vertraglich vereinbarte Dienstleistungen im Gegenwert von etwa 25.000 Euro und leistet zusätzlich eine fixierte Zahlung von 5000 Euro an den Verein. Diese Vereinbarung gilt zunächst einmal für drei Jahre, und in diesem Zeitraum wird Ahoi auch weiterhin den CSD ausrichten und von den Einnahmen profitieren. Besonders lukrativ soll die Flächenvermietung beim CSD-Straßenfest auf dem Jungfernstieg sein. Mit dem neuen Dienstleistungsvertrag ist Corny Littmann nicht zufrieden: "Es kann nicht sein, dass sich der Verein mit 5000 Euro jährlich abspeisen lässt, obwohl allein die Winter Pride ein Vielfaches dieser Summe erwirtschaftet hat."

In einem eigenen Antrag hatte Littmann auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung zudem die öffentliche Ausschreibung des CSD ab 2014 gefordert - damit hätten auch andere Agenturen die Chance gehabt, sich für die Ausrichtung der Veranstaltung zu bewerben. Doch sein Antrag konnte sich nicht durchsetzen.

Auch Farid Müller, schwulenpolitischer Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, übt Kritik: "Eine intransparente Verquickung von wirtschaftlichen Interessen mit Jungfernstieg-Straßenfest und Partys darf es nicht geben." Deshalb sei eine offene Ausschreibung für den kommerziellen Teil des CSD sauber und im Interesse der Stadt, so Müller weiter.

Wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Littmann und Peters sein muss, zeigt ein weiterer Vorwurf: Lars Peters habe ihn als "Erpresser" bezeichnet, dem es nur darum gehe, Geschäfte zu machen. Das sei nicht nur unsinnig, es könnte sogar den Straftatbestand der üblen Nachrede erfüllen, so Littmann in seiner Mail an den Hamburg-Pride-Vorstand. Als das Abendblatt Lars Peters damit konfrontiert, sagt er: "Das Wort Erpresser habe ich in diesem Zusammenhang nicht benutzt. Es ist aber richtig, dass Corny Littmann aufgrund seiner vielfältigen Möglichkeiten auch einen gewissen Druck ausüben kann, um seine Belange durchzusetzen."

Peters verweist auch auf einen Artikel im Vorfeld der außerordentlichen Hamburg-Pride-Mitgliederversammlung im Schwulen-Magazin "Hinnerk", an dem Littmann als Gesellschafter beteiligt ist: "Dieser Artikel war tendenziös und hatte offensichtlich das Ziel, den Vorstand und mich zu diskreditieren", so Peters. Welche Motive Corny Littmann auch immer hat - eines jedenfalls nicht: "Ich habe weder jetzt noch in Zukunft ein Interesse daran, den CSD auszurichten", sagte Littmann.