Finanzielle Mittel sind da: Aber das Teilhabepaket wird in sozial benachteiligten Stadtteilen eher wenig beansprucht. Auslastung von rund 80 Prozent.

Hamburg. Das Geld ist da - es muss nur abgefordert werden. Hamburg erhält aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes jährlich 39 Millionen Euro. Aber die Familien mit geringen Einkommen, für die die Unterstützung geschaffen wurde, haben 2012 nur 30,9 Millionen Euro in Anspruch genommen. Das entspricht einer Auslastung von rund 80 Prozent.

Dabei ist der Nutzungsgrad der Angebote sehr unterschiedlich: Exakt 42.108 Kinder aus Familien, die Arbeitslosengeld II (ALG II), Sozialgeld oder Asylleistungen beziehen, können in der Schule kostenlos Mittag essen. Aber nur 52 Prozent, 21.974 Jungen und Mädchen, haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das ist das Ergebnis der Senatsantwort auf eine Schriftliche Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Martina Kaesbach.

Noch geringer ist die Auslastungsquote bei den Angeboten, die Kindern aus sozial schwachen Familien ermöglichen sollen, im Verein Sport zu treiben oder ein Instrument zu lernen. Im Rahmen der sogenannten soziokulturellen Teilhabe gibt es einen Gutschein von zehn Euro pro Monat und Kind, den aber nur 25 Prozent der 42.108 Jungen und Mädchen bei einem Sportverein, einer Musikschule oder anderen kulturellen Einrichtungen wie den Bücherhallen eingelöst haben.

Der für das Bildungs- und Teilhabepaket zuständige Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) sieht die positive Tendenz. "Die Teilnehmerzahl ist im Laufe eines Jahres um 40 Prozent gestiegen", sagte der SPD-Politiker. Im Übrigen liege Hamburg zusammen mit Bremen bei der Inanspruchnahme dieses Angebots bundesweit an der Spitze. Scheele führt das vor allem auf das unbürokratische Verfahren zurück. Anstelle einen umständlichen Antrag auszufüllen, genügt es in Hamburg, zum Beispiel bei einem Sportverein den Nachweis über den ALG-II-Bezug vorzulegen.

FDP-Politikerin Kaesbach warnt Scheele vor zu viel Selbstlob, weil die Ausnutzung einzelner Angebote des Bildungs- und Teilhabepakets regional sehr unterschiedlich ausfalle. "Gerade in Bezirken mit zahlreichen sozial schwächeren Quartieren und hohem Migrantenanteil ist die Nutzung vergleichsweise schwach", sagte Kaesbach.

Die FDP-Politikerin bezieht sich auf die Antwort des Senats auf eine weitere Frage von ihr. Danach haben nur 40 Prozent der anspruchsberechtigten Familien im Bezirk Mitte ein kostenloses Mittagessen in der Kita beantragt. Noch niedriger ist die Quote in Bergedorf mit 28 Prozent und Harburg mit 30 Prozent. In den vermeintlich wohlhabenderen Bezirken Eimsbüttel und Wandsbek liegt der Ausnutzungsgrad mit 72 und 80 Prozent deutlich höher. Hier geht es allerdings um die Abrechnung gegenüber dem Bund, denn das Kita-Mittagessen ist in Hamburg für alle Kinder kostenlos.

Auch die Zahlungen für mehrtägige Klassenreisen werden regional sehr unterschiedlich in Anspruch genommen. In Altona und Wandsbek liegt die Quote bei 77 und 74 Prozent, in Mitte mit 53 Prozent und Bergedorf mit nur 47 Prozent deutlich darunter.

"Diese Daten belegen: Sprachliche Hürden oder Scham vor der Nutzung des Bildungs- und Teilhabepakets sind gerade in den Quartieren Hamburgs noch nicht ausreichend abgebaut, denen es besonders nutzen soll", sagte die FDP-Politikerin Kaesbach.

Allerdings hat der Senat in seine Antwort zur regionalen Auslastung des Pakets nur einen kleinen Teil der einkommensschwachen Familien einbezogen. Begründung laut Sozialbehörde: Nach Umstellung auf die neue Behördensoftware Prosa seien noch nicht alle Daten eingepflegt. So seien zwar die Zahlen derjenigen, die Hilfen zum Schulbedarf oder zum kostenlosen Mittagessen erhalten haben, nach Bezirken erfasst. Die Vergleichszahl der potenziell Berechtigten sei dagegen nur für das gesamte Stadtgebiet vorhanden, nicht regional. "Es war nicht möglich, diese Daten im Rahmen der zur Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit zu ermitteln", sagte Behördensprecher Olaf Dittmann.

Hinzu komme, dass die weitaus größte Gruppe - die Familien, die ALG II beziehen - ohnehin aus der regionalen Betrachtung herausfallen. "Das ALG II läuft über die Jobcenter, und die schlüsseln nicht nach Bezirken auf", sagte Dittmann.

Andere Angebote aus dem Bildungs- und Teilhabepaket würden grundsätzlich nicht regional erfasst. Das gilt zum Beispiel für den Bereich der soziokulturellen Teilhabe. Die Ursache liegt in dem unbürokratischen Hamburger Verfahren. Sportvereine, Musikschulen oder Bücherhallen rechnen mit der Behörde nur die Fallzahlen ab und melden nicht Namen und Wohnorte der Kinder. "Für uns hat die regionale Auswertung zumindest derzeit zu wenig Aussagekraft, deswegen bewerten wir die Ergebnisse auch nicht politisch", sagte Dittmann.