Vor einem Jahr stellten die Linken einen Antrag zu den Bildungsgutscheinen. Auf die Antwort warten sie immer noch. „Dass wir die Zahlen bis heute nicht haben, riecht eindeutig nach Verschleppung.“

Harburg. In der Politik müssen mitunter dicke Bretter gebohrt werden. Oft bringen nur Geduld und Hartnäckigkeit ans Ziel. Das gilt besonders dann, wenn die Opposition etwas erreichen will. Wenn eine Fraktion allerdings mehr als ein Jahr lang auf Zahlen von den Hamburger Fachbehörden warten muss, dann darf auch schon mal "Verschleppung" vermutet werden.

Ein Jahr ist es her, dass die Fraktion Die Linke in der Harburger Bezirksversammlung in einem Antrag mit dem Titel "Bildungs- und Teilhabepaket - auch für Harburgs Kinder" von der Verwaltung im Harburger Rathaus wissen wollte, wie viele Kinder und Jugendliche im Jahr 2011 in den Genuss der Bildungsgutscheine für Nachhilfe, Schulessen, Sportverein und Musikschule gekommen seien.

"Es muss doch vor dem Hintergrund der bekannten Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaket in unser aller Interesse sein, die Zahlen aus dem Bezirk Harburg zu erfahren, wie viele Kinder und Jugendliche von diesem Paket profitiert haben, um gegebenenfalls nachsteuern zu können. Dass wir die Zahlen bis heute nicht haben, riecht eindeutig nach Verschleppung. Man darf das Gefühl haben, weder dem Bezirk noch dem Senat ist daran gelegen, die Hamburger Zahlen, die sich eigentlich leicht auf den Bezirk Harburg herunter brechen lassen müssten, zu veröffentlichen", sagt Sabine Boeddinghaus (Die Linke).

Bis heute liegen die Zahlen für den Bezirk Harburg aus dem Jahr 2011 nicht auf dem Tisch. Am Montag, 14. April, sollte es nun endlich eine Antwort auf den Berichtsantrag vom 3. April 2012 geben, der noch im selben Monat von der Mehrheit der Bezirksversammlung angenommen worden war.

An diesem Montag sollten zwei Mitarbeiterinnen der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) und der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) bei einer gemeinsamen Sitzung des Sozialausschusses und des Ausschusses für Kultur, Bildung und Stadtteilentwicklung der Harburger Bezirksversammlung die Zahlen präsentieren. Mitte der Woche aber wurde den Ausschussmitgliedern per E-Mail von der BASFI mitgeteilt, der Tagesordnungspunkt müsse von der Agenda der Sitzung gestrichen werden. Eine Behörden-Mitarbeiterin sei erkrankt

Dass dieses Thema nun schon wieder verschoben wird, lässt die Vorsitzende des Sozialausschusses der Harburger Bezirksversammlung, Dr. Antje Jäger, vermuten, "dass die Behörde in dieser Sache offensichtlich mauern will". Ihr Vorgänger, der Grünen-Fraktionschef Kay Wolkau, hält die Art und Weise für "unglaublich". "Das ist äußerst unüblich, dass ein Berichtsantrag derart lange nicht beantwortet wird. Das ist in meinen Augen ein Grund zur Beanstandung. Eigentlich wäre die Behörde verpflichtet, im Krankheitsfall eine Vertretung zu schicken. Das hört sich in der Tat nach Verschleppung an", sagt der Harburger Grünen-Abgeordnete. Auch Rainer Bliefernicht, stellvertretender Fraktionschef der CDU-Fraktion hat inzwischen Mühe, noch Verständnis für ein Jahr Wartezeit aufzubringen.

"die Angelegenheit ist sehr unglücklich, und das Thema muss unverzüglich auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Sozialausschusses. Solche Zahlen müssen doch ohne größere Probleme generiert werden können, auch wenn Verwaltung nicht immer so flexibel ist, wie wir uns das wünschen würden", sagt Bliefernicht.

Harburgs Sozialdezernent Holger Stuhlmann kennt nach eigener Aussage die Zahlen nicht. Der überwiegende Teil der beantragten Bildungsgutscheine würden direkt mit den Trägern abgerechnet, also zum Beispiel mit dem Hamburger Turnerbund, so der Sozialdezernent. Eine zentrale Aufgabe habe auch das Bezirksamt in Eimsbüttel hamburgweit übernommen.

Auf Nachfrage bei der Bezirksverwaltung in Harburg teilt Verwaltungssprecherin Beatrice Göhring mit, es sei keinesfalls böser Wille, dass die Zahlen für 2011 nicht immer nicht der Politik vorgelegt worden seien. "Die Zahlen liegen tatsächlich nur bei den Fachbehörden in Hamburg", sagt Beatrice Göhring. Sabine Boeddinghaus vermutet eher, die Behörden wollten nur ungern zugeben, dass das Bildungs- und Teilhabepaket auch in Harburg wegen des bürokratischen Aufwandes zum Desaster geworden ist. "Ganz abgesehen davon, dass diese Art der Förderung aus unserer Sicht der falsche Weg ist. Wir brauchen eine strukturelle Förderung", so die Abgeordnete.

Ein Termin im November 2012 , bei dem die Behörden die Zahlen offenlegen wollten, sei vom Bezirk abgesagt worden, so BASFI-Sprecher Olaf Dittmer. "Ein Ersatztermin soll aber demnächst angesetzt werden", sagt Olaf Dittmer.