Die beiden Regierungschefs aus Hamburg und Schleswig-Holstein waren sich einig. Das vor Jahrzehnten geplante Großflughafenprojekt in Kaltenkirchen als Ersatz für Fuhlsbüttel sollte endgültig beerdigt werden. Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und Uwe Barschel (CDU) trafen diese Entscheidung vor fast 30 Jahren. Und doch schafft es der Flughafen - einem Untoten gleich -, immer wieder aufzutauchen. Zuletzt in dieser Woche.

Treibende Kraft hinter der Idee, den innerstädtischen Flughafen ins Umland zu verlagern, ist die Hamburger CDU. Nachdem das Abendblatt über den Entwurf eines neuen "Norddeutschen Luftverkehrskonzeptes", welches unter anderem das Aus für den Großflughafen Kaltenkirchen vorsieht, berichtete, reagierte Klaus-Peter Hesse. Der verkehrspolitischer Sprecher der Christdemokraten forderte, dass Kaltenkirchen weiter eine Option bleiben müsse. Norddeutschland brauche einen leistungsstarken Flughafen, der den Anforderungen des steigenden Passagieraufkommens sowie den steigenden logistischen und wirtschaftlichen Erfordernissen gerecht werde: "Dauerhaft wird dies am Flughafen Fuhlsbüttel alleine nicht realisierbar sein, da der Schutz der Anwohner vor Lärm und Schadstoffbelastungen nicht vernachlässigt werden darf."

Da passte es ganz gut, dass sich auch sein Fraktionskollege Dennis Thering in dieser Woche für die Anwohner in den Einflugschneisen von Fuhlsbüttel stark machte. In einem Antrag forderte er den Senat auf, mit den Bürgern, der Deutschen Flugsicherung, dem Flughafenbetreiber und Vertretern der Fluggesellschaften ein Konzept zur Reduzierung des Fluglärms zu erarbeiten.

Für Hesse war es nicht das erste Mal, dass er sich für die Airport-Alternative in Schleswig-Holstein stark machte. Schon im Juni 2004 forderte er den damaligen CDU-Senat auf, "die Option für den Bau eines Großflughafen in Kaltenkirchen zu sichern". Denn spätestens 2030 werde Fuhlsbüttel an seine Kapazitätsgrenzen kommen. Zwei Jahre später teilte der Senat der Bürgerschaft per Drucksache mit, dass man sich jene Option offen halte. Eine Entscheidung über einen Neubau wäre in den Jahren 2015 bis 2020 zu fällen.

Der damalige Senatschef hieß Ole von Beust. Auch er war von jeher ein großer Anhänger der möglichen Alternative in Kaltenkirchen: Beust versprach im Sommer 1993, dass die CDU im Falle eines Wahlsieges gemeinsam mit den schleswig-holsteinischen Parteifreunden den Bau des Flughafens Kaltenkirchen durchsetzen wolle. Fuhlsbüttel werde dann geschlossen, sagte er. Dorthin könnte dann die Hamburg-Messe umziehen, und auf dem freiwerdende Messegelände wäre dann Platz für "Wohnen und Arbeiten", so seine Idee. Der Bau des neuen Flughafens sei für rund zwei Milliarden Mark realisierbar.

In Berlin-Brandenburg versucht man sich seit 2006 an einem neuen Flughafen. Das Projekt verschlang bislang 4,3 Milliarden Euro. Und so sehen die Verfasser des "Norddeutschen Luftverkehrskonzeptes" das Desaster in der Hauptstadt als eines der Argumente gegen Kaltenkirchen an. "Insbesondere die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Großinvestitionen sind auf absehbare Zeit sehr schwierig geworden", heißt es in dem Entwurf.

Der Flughafen Kaltenkirchen dient darüber hinaus auch als weiterer Zündstoff im Dauerstreit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein, der mit der Windmesse begonnen hatte. So sagte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, in Richtung des Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD): "Herr Albig sollte aus der HUSUM-Wind gelernt haben, dass für Hamburgs Ersten Bürgermeister Olaf Scholz eine Norddeutsche Kooperation knapp nördlich des Elbtunnels endet. Immer wenn Albig sich auf Scholz verlässt, geht Schleswig-Holstein baden." Und sein CDU-Fraktionskollege Volkert Dornquast forderte, dass die Grundstücke, die vor 50 Jahren für das Flughafenprojekt aufgekauft worden sind, an die alten Eigentümer zurückgegeben werden müssten. Hamburg ist zu 51 Prozent an einer Fläche so groß wie etwa 3000 Fußballfelder beteiligt. Die Stadt wird aber vorerst nicht verkaufen, da der Marktpreis unterhalb der Anschaffungskosten taxiert wird.

Dornquast und Arp dürfte deshalb kaum gefallen, was sich Jan Balcke, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, für die Flächen vorstellt: "Da kann man Windräder hinstellen. Für die Energiewende"