Opposition zündet nächste Eskalationsstufe und fordert Unterlagen zur Elbphilharmonie. SPD will sie nicht vor Ende Februar vorlegen.

Altstadt. Am 15. Dezember hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) verkündet, die Elbphilharmonie mit Hochtief weiterbauen zu wollen und dem Baukonzern dafür noch einmal 198 Millionen Euro mehr zu zahlen (575 statt bislang 377 Millionen). Seitdem bemüht sich die Opposition in der Bürgerschaft relativ erfolglos um Informationen darüber, warum sich der Senat für diesen Weg und gegen den Weiterbau unter städtischer Regie entschieden hat, und wie die Summe von 198 Millionen Euro begründet wird.

Nachdem CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich vergangene Woche bereits den "autistischen Regierungsstil" des Bürgermeisters kritisiert und massiv Informationen eingefordert hatte, hat die Opposition nun die nächste Eskalationsstufe gezündet und eine hitzige Debatte in der Bürgerschaft ausgelöst. Gemeinsam reichten CDU, Grüne, FDP und Linkspartei - dieses Bündnis hat Seltenheitswert - am Mittwoch einen Antrag ein, mit dem der SPD-Senat aufgefordert wird, die Akten zum Thema Elbphilharmonie vorzulegen. Bis zum 7. Februar soll die Regierung sämtliche Unterlagen aus der Zeit von April 2012 bis zum 31. Dezember 2012 der Bürgerschaft liefern. Dieses "Aktenvorlageersuchen" ist ein Minderheitenrecht, das ohne weitere Abstimmung als angenommen galt.

Allerdings gibt es keinen Anspruch auf Einhaltung eines bestimmten Termins, und SPD-Fraktion und Senat machten deutlich, dass bis zum 7. Februar nichts vorliegen werde. "Eine Aktenvorlagefrist von elf Werktagen dient nur der politischen Show. Man kann sie nicht ernst nehmen", sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel dem Abendblatt. Es sei unmöglich, innerhalb dieser kurzen Zeit die Berge von Elbphilharmonie-Unterlagen in der Kulturbehörde, der Senatskanzlei und bei der städtischen Realisierungsgesellschaft ReGe geordnet aufzuarbeiten.

"Das sollte den Ex-Senatoren Dietrich Wersich und Anja Hajduk auch klar sein", sagte Dressel. Ansonsten bleibe es aber bei der versprochenen Transparenz: "Wenn die Verträge mit Hochtief Ende Februar unterschrieben sind, kommt alles auf den Tisch", so der SPD-Fraktionschef. "Das ist uns wichtig, weil wir nur durch Transparenz Akzeptanz bei den Bürgern für das Projekt Elbphilharmonie schaffen können."

Aus Sicht der Opposition reicht das nicht, sie will schneller Klarheit haben. Das ganze Szenario erinnere ihn an den Kauf der Hapag-Lloyd-Anteile (für 420 Millionen Euro) und den Rückkauf von einem Viertel der Energienetze (540 Millionen), sagte CDU-Fraktionschef Wersich. "Immer wenn es um dreistellige Millionenbeträge geht, versucht der Senat, die Entscheidungen durchs Parlament zu peitschen." Das werde man bei der Elbphilharmonie nicht akzeptieren. "Auch auf Nachfrage mauern SPD und Senat, viele Fragen sind offen", beklagte der frühere Sozialsenator. Als Beispiel nannte er fehlende Angaben über die Alternative, der ReGe das Projekt ganz zu übergeben. Deren scheidender Chef Heribert Leutner hatte kürzlich im Untersuchungsausschuss sinngemäß ausgesagt, dass der Einigung mit Hochtief keine ordentliche Prüfung der Ansprüche zugrunde liege.

"Olaf Scholz zahlt einen politischen Preis, um mit Hochtief Frieden zu schließen", sagte die frühere Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (Grüne). Eine Begründung für die 198 Millionen Euro fehle noch. "Die Bürgerschaft hat die Pflicht, diese Summe zu hinterfragen", so Hajduk. FDP-Fraktionschefin Katja Suding brachte es so auf den Punkt: "Wir sind nicht bereit, die Katze im Sack zu kaufen." Dennoch bekannten sich CDU, Grüne und FDP im Grundsatz ausdrücklich zu dem Projekt Elbphilharmonie.

Die Fraktionschefin der Linkspartei, Dora Heyenn, nannte es einen "Skandal", dass die 198-Millionen-Rechnung ausgerechnet einen Tag nach der Verabschiedung des "Kürzungshaushalts" 2013/2014 präsentiert wurde. Sie gehe davon aus, dass auch der dritte "Pauschalfestpreis" nicht hält und das Projekt noch teurer wird. Auch Wersich verwies drauf, dass unter Einrechnung aller Posten wie Steuern und ReGe-Kosten die Mehrbelastung für die Stadt nicht 200, sondern mindestens 300 Millionen Euro betragen werde.

Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) betonte, dass es nur ein "Angebot" von Hochtief gebe, auf dessen Basis ein neuer Vertrag verhandelt werde. Eine Aktenvorlage würde daher die Position der Stadt in den "Verhandlungen" schwächen, sie sei ein "Bärendienst". Das brachte Anja Hajduk in Rage: Offenbar habe Scholz "die Öffentlichkeit getäuscht", als er im Dezember den Durchbruch verkündet hatte.