Die Zufahrt zum Terminal Altenwerder verschlickt. Doch Kiel sperrt sich wegen des Streits um die Windmesse gegen Baggergut.

Hamburg. Nach dem vorläufigen Baustopp durch das Bundesverwaltungsgericht für die geplante Elbvertiefung warnen Hafenwirtschaft und Senat derzeit heftig vor den Folgen einer weiteren Verzögerung. Gleichzeitig aber versandet seit Frühsommer die Zufahrt zu einem der wichtigsten Hamburger Containerterminals immer mehr. Dort wird die Elbe nicht tiefer, sondern höher - ganz ohne Zutun von Gerichten und Klägern.

Auf dem Köhlbrand, einem Teil der Süderelbe, der zum Terminal Altenwerder führt, setzen sich offenbar immer mehr Schlick und Sand als Sediment ab - weil es keinen Platz mehr für das Baggergut gibt, das dort herausgeholt werden müsste. Wie die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) auf Anfrage bestätigte, gilt daher dort für die tidenunabhängige Fahrt nicht mehr ein Maximaltiefgang von 12,80 Metern, sondern die Grenze sei bereits Ende August auf 12,40 Meter herabgesetzt worden. 40 Zentimeter sind in der Branche aber nicht gerade wenig, wenn man bedenkt, dass es bei der rund 400 Millionen Euro teuren und heftig umstrittenen Elbvertiefung darum geht, den Schiffen auf der Elbe rund einen Meter mehr Tiefgang zu ermöglichen. "Es gibt für die Schifffahrt nun zeitliche Beschränkungen", sagte eine Sprecherin der Hafenverwaltung. Die Zeitfenster, in denen große Containerschiffe mit mehr Tiefgang und Ladung zwischen Hoch- und Niedrigwasser fahren können, sind noch geringer als bisher.

Der Grund dafür, dass nicht gebaggert werden kann, ist offenbar der Streit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein um den Standort für eine internationale Windenergiemesse. Hamburg will die seit 23 Jahren in Husum angesiedelte Messe an die Elbe holen - was im Nachbarland als Kampfansage gewertet wird.

Bis 2011 hatte Hamburg von Schleswig-Holstein die Genehmigung, bei der Fahrwassermarkierung Tonne E 3 zwischen Scharhörn und Helgoland relativ unbelastete Sedimente aus der Hamburger Elbfahrrinne zu verklappen. Die Genehmigung wurde bisher nicht verlängert, aktuell hatte Hamburg beantragt, dort wieder 600 000 Kubikmeter zu entsorgen, um die Zufahrt nach Altenwerder frei zu bekommen. Eine Entscheidung wurde vom Kieler Kabinett aber gerade vertagt.

Hinter vorgehaltener Hand spricht man in Hamburger Behörden mit Verweis auf den Messestreit daher von " Erpressung". Offiziell heißt es, die Gespräche seien vertraulich und würden noch andauern. "Der Bürgermeister muss das Problem jetzt zur Chefsache machen", fordert der Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Anjes Tjarks. Erst durch eine Anfrage des Grünen-Politikers sind die Tiefgangsbehinderungen im Köhlbrand gestern öffentlich geworden. Hamburg selbst könne den Schlick nicht lagern und sei daher auf gute Nachbarschaft angewiesen, so Tjarks.

Tatsächlich ist die Sache mit dem Hafenschlick ein Dauerproblem für den Hamburger Hafen. Aktuell geht es in der Diskussion um die seit Jahren geplante Elbvertiefung zwar darum, die Fahrrinne zwischen Mündung und Hamburg um etwa einen Meter tiefer zu baggern. Dieser Sand und Schlick werden jedoch größtenteils genutzt, um Unterwasserablagerungen in der Mündung zu schaffen, die die Strömung dämpfen sollen.

Vergessen wird aber oft, dass Elbe und Hafen auch ständig ausgebaggert werden müssen, weil sich dort im Wasser gelöste Schwebeteilchen, meist Sand oder Schlick, absetzen. Im Durchschnitt sind in den vergangen Jahren auf Hamburger Staatsgebiet zwischen vier und etwa sechs Millionen Kubikmeter jährlich aus dem Fluss geholt worden. Eine Menge, mit der man jeweils die Außenalster rund zweimal hätte verfüllen können. Eine Million Kubikmeter dieses jährlichen anfallenden Baggerguts sind durch Schadstoffe aus der Oberelbe stark belastet und kommen an Land in eine spezielle Reinigungsanlage. Der gereinigte Schlick muss deponiert werden - für eine neue derartige Deponie ist zurzeit Moorburg im Gespräch.

Das meiste eher wenig belastete Baggergut aus Sand und Schlick wird aber wieder in der Elbe verklappt. Vor 2005 hat man praktisch alles hinter der Landesgrenze bei Wedel in den Fluss gekippt. In der Annahme, dass der Ebbstrom die gebaggerten Sedimente schon in die Nordsee schwemmen würde. Weil aber in den vergangenen zehn Jahren der Flutstrom besonders stark geworden ist, trieb ein großer Teil wieder zurück - und die Baggermengen stiegen plötzlich stark an. Experten schätzen, dass man seinerzeit gut dreimal die selben Sedimente gebaggert hat. Daher wird seit 2005 ein Teil rund 130 Kilometer entfernt von Hamburg bei der Tonne E 3 in die Nordsee verklappt. "Umgelagert", sagen die HPA-Planer.

Dennoch gab es immer wieder Bedenken von den Küstengemeinden, weil doch eine Schadstoffbelastung befürchtet wird. Zuletzt wurde die Verklappung eben bis 2011 befristet - ohne dass es bisher eine Verlängerung gibt. Zum Problem wurde das jetzt vor allem seit Mai. In der Elbe registrierten die Behörden seitdem wegen eher geringerer Regenfälle auch einen geringen Oberwasserabfluss. Folge: Noch mehr Sand und Schlick lagern sich im Hafen ab.