Jugendhilfeausschuss Hamburg-Mitte prüft Schritte gegen Finanzbehörde. Diese weigert sich ungeschwärzten Bericht herauszugeben.

Hamburg. Der Streit zwischen der Finanzbehörde und dem Jugendhilfeausschuss (JHA) Hamburg-Mitte um eine weitgehend ungeschwärzte Version des Prüfberichts zum Tod der elfjährigen Chantal wird immer heftiger ausgetragen. Der Ausschuss geht nun juristisch gegen die Behörde vor. Der Vorsitzende Ralf Neubauer (SPD) hat gestern die renommierte Hamburger Kanzlei Bernzen und Sonntag mit der Vertretung des bezirklichen Gremiums beauftragt.

Die Innenrevision der Finanzbehörde hatte in einem 72-seitigen Bericht den Tod der elfjährigen Chantal untersucht, die im Januar in der Wohnung ihrer Wilhelmsburger Pflegefamilie an einer Methadonvergiftung gestorben war. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft gegen die Pflegeeltern Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Die Finanzbehörde weigert sich jedoch mit Hinweis auf den Sozialdatenschutz, einen weitgehend ungeschwärzten Bericht an den Jugendhilfeausschuss auszuhändigen. Der Sonderausschuss der Bürgerschaft hatte diesen aber bereits im Juni erhalten.

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Die Empörung über das Verhalten der Finanzbehörde ist groß und parteiübergreifend: "Die Finanzbehörde behindert unsere Arbeit im Fall Chantal massiv", sagte Ausschussvorsitzender Neubauer. Die Begründung der Behörde sei juristisch unhaltbar und die Verweigerungshaltung zudem ein politisch schwerer Fehler. Die FDP-Vizefraktionschefin in der Bezirksversammlung Mitte, Angela Westfehling, wirft der Behörde vor: "Diese Blockadehaltung ist nicht mehr hinnehmbar. Es darf nicht sein, dass die Finanzbehörde den Sonderausschuss der Bürgerschaft offensichtlich bevorzugt behandelt."

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Lothar Knode (Grüne) sagt: "Das Wohl der Kinder muss im Vordergrund stehen und nicht machtpolitische Spiele. Wer zuständig ist, muss auch ungeschwärzte Akteneinsicht erhalten." Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg forderte: "Der Bürgermeister muss ein Machtwort sprechen. Es ist bekannt, dass gerade im Bereich der Jugendhilfe vieles verbessert werden muss." Das ginge aber nicht, wenn der Ausschuss in seinen Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt werde.

Zumindest offiziell gibt sich Jörg Schmoll, stellvertretender Senatssprecher, gelassen. Das sei kein Bürgermeisterthema, und deshalb werde Olaf Scholz (SPD) dazu auch keine Stellungnahme abgeben.

Allerdings wird der Bürgermeister nicht erfreut sein, dass der Jugendhilfeausschuss nun unter anderem von einem prominenten Parteifreund vertreten wird: Der Jugendhilferechtsexperte Professor Christian Bernzen ist Schatzmeister der Hamburger SPD. Außerdem sind die Juristen Professor Peter Bringewat und Professor Reinhard Wiesner mit dem Fall betraut.

Aus der Finanzbehörde heißt es: "Wir nehmen zur Kenntnis, dass der JHA eine andere Rechtsauffassung als der Senat vertritt und diese jetzt überprüfen lässt", sagte Sprecher Daniel Stricker. Über das Ergebnis dieser Prüfung werde dann zu reden sein.