Schon in der ersten Sitzung wird deutlich: Die Aufarbeitung des Milliarden-Desasters kann Jahre dauern.

Hamburg. Der Ort war treffend gewählt. Im Bürgersaal des Rathauses, einem der feinsten Gemächer der Hamburger Bürger(schaft), nahm gestern der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur HSH Nordbank seine Arbeit auf. Treffend war der Ort insofern, dass es um nicht mehr und nicht weniger als das Geld der Bürger geht. Und zwar viel Geld. 2,7 Milliarden Euro hat die mittlerweile zu 85 Prozent staatliche Bank 2008 versenkt, drei Milliarden mussten Hamburg und Schleswig-Holstein zuschießen, dazu zehn Milliarden an Garantien. Das wirft einige Fragen auf.

Und zwar so viele Fragen, dass die Beantwortung "zweieinhalb bis drei Jahre" in Anspruch nehmen werde, so der um 14.32 Uhr zum PUA-Vorsitzenden gewählte Harald Krüger (CDU). Seine Einschätzung bezog sich aber nicht nur auf die äußerst komplizierte Faktenlage, sondern vor allem auf das Ansinnen der Opposition, die Aufarbeitung des HSH-Desasters möglichst noch in den nächsten Bürgerschaftswahlkampf zu ziehen - gewählt wird im Frühjahr 2012. Bezeichnend: SPD und Linkspartei widersprachen nicht.

Umso größer war der Dissens beim Thema Arbeitsstab. Die CDU legte einen Antrag vor, das Expertengremium, das den Feierabend-Politikern zuarbeitet, solle aus neun Mitgliedern plus einem Vorsitzenden bestehen. Die sich daraus ergebende Verteilung - vier Mitglieder plus den Vorsitzenden benennt die CDU, drei die SPD, je einen GAL und Linke - lehnten SPD und Linke ab. Die Sozialdemokraten zeigten sich offen für einen Arbeitsstab mit zehn Mitgliedern (Verteilung: 4 - 4 - 1 - 1) oder auch elf (5 - 4 - 1 - 1), verzettelten sich aber in der Diskussion. Ergebnis: Das Thema wurde auf den 2. Juli vertagt. Krüger: "Wir wollen den Ausschuss nicht gleich mit einer Kampfabstimmung belasten." Joachim Bischoff (Linkspartei) schwante nichts Gutes: "Das ist kein guter Arbeitsbeginn, wenn Schwarz-Grün sich mit Formalien einen größeren Einfluss auf den Arbeitsstab sichern will."

Das Gezerre um Einfluss machte deutlich, worum es bei allem Aufklärungsinteresse auch geht: Politik. SPD und Linke werden versuchen, Michael Freytag - als Finanzsenator und CDU-Vorsitzender mächtigster Mann hinter Bürgermeister Ole von Beust (CDU) - weiter zu beschädigen. Seine Parteifreunde werden eben das mit allen Mitteln zu verhindern versuchen und stattdessen bei früheren SPD-Senaten die Schuld für das HSH-Desaster aufspüren wollen.

Immerhin: Dem CDU-Antrag, den Untersuchungszeitraum auszudehnen auf die Vorgängerinstitute - die HSH entstand 2003 aus der Fusion der Hamburger und der Schleswig-Holsteinischen Landesbank - stimmte die SPD zu. Umgekehrt ging die von der SPD beantragte Aktenvorlage - der Senat möge alle HSH-relevanten Unterlagen zur Verfügung stellen - ohne Diskussion durch.

Nicht anwesend war PUA-Mitglied Monika Schaal (SPD). Thomas Völsch, als SPD-Obmann quasi der Chefaufklärer: "Sie hat einen wichtigen Termin beim Präsidenten des Rechnungshofs." Die ausdrückliche Erklärung kam nicht von ungefähr. Nach dem Willen der SPD soll der Rechnungshof die HSH Nordbank künftig wieder prüfen dürfen.

Zukunftsweisende Vorschläge zu erarbeiten gehört auch zum Auftrag des PUA. Die Hoffnung ist groß, dass dabei nicht nur heiße Luft herauskommt. Der mächtige Kamin, vor dem Krüger, Völsch & Co. saßen, wurde jedenfalls als solcher noch nie genutzt. Er versorgt den Bürgersaal in Wahrheit mit frischer Luft.