Werner Jantosch wird in den Ruhestand versetzt. Er war seit 2004 im Amt. Sein Verhältnis zu Innensenator Michael Neumann gilt als belastet.

Hamburg. Seit einem Dreivierteljahr hatte die Gerüchteküche gebrodelt. Seit der neue SPD-Senat im März ins Amt kam, wurde gemutmaßt, ob und wann Polizeipräsident Werner Jantosch abgelöst wird. Nun steht der Termin bevor: Nach Informationen des Abendblatts soll der 61 Jahre alte Polizeiführer Mitte Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Nachfolger soll Wolfgang Kopitzsch (SPD), Leiter des Bezirksamts Nord, werden. Das bestätigte ein hochrangiger Polizeiführer dem Abendblatt. Weder Kopitzsch, Jantosch noch Innensenator Michael Neumann (SPD) wollten sich gestern dazu äußern.

Die Abberufung Jantoschs hat eine lange Vorgeschichte. Berufen wurde der erfahrene Polizist 2004 vom neuen Innensenator Udo Nagel (parteilos), der selbst zuvor vom Posten des Polizeipräsidenten aufgestiegen war. Anfangs sah es so aus, dass der bei den Beamten und in der Öffentlichkeit beliebte Nagel schwer von seiner alten Rolle lassen konnte und noch gern als eine Art "Über-Polizeipräsident" agierte. Doch spätestens als Nagel Anfang 2008 von Christoph Ahlhaus (CDU) abgelöst wurde, änderte sich die Lage. Jetzt sah sich Jantosch selbst zunehmend der Kritik ausgesetzt. Höhepunkt war 2010 ein "Brandbrief", der aus der Polizei selbst kam und die Überschrift trug: "In Sorge um die Polizei". Darin warfen Beamte, die nach eigener Aussage gemeinsam mit "mehrhundertjähriger Berufserfahrung in allen polizeilichen Funktionsbereichen" aufwarten konnten, Jantosch vor, den rund 10 000 Mitarbeiter umfassenden Apparat mit diktatorischen Tendenzen zu führen.

Wer sich öffentlich kritisch äußere, müsse damit rechnen, seine Verwendung zu verlieren, ausgegrenzt und diffamiert zu werden, hieß es. Außerdem warfen die Autoren der Polizeiführung vor, "sich mehr Gedanken über die Beschaffung von Pferden als über die Zukunftsfähigkeit der Polizei" zu machen. Die von der CDU vorangetriebene Einführung der Reiterstaffel war schon damals und ist bis heute umstritten.

Jantosch selbst hatte sich damals nicht öffentlich geäußert. Intern soll er die Vorwürfe aber "diffamierend und respektlos" genannt haben. Die Innenbehörde sprach von einer "rein politischen Klageschrift", und auch innerhalb der Polizei war der "Brandbrief" nicht unumstritten.

Vermutet wurde seinerzeit, dass der Brief von SPD-nahen Beamten verfasst wurde. Tatsächlich hatte auch die SPD-Bürgerschaftsfraktion häufig Kritik am Polizeipräsidenten geübt. Nach dem Machtwechsel im März hatten daher viele Beobachter vermutet, dass es aus politischen Gründen zu einem Wechsel an der Polizeispitze kommen würde. Offensichtlich hatte sich der neue Innensenator Michael Neumann (SPD) aber dafür entschieden, Jantosch zunächst eine Chance zu geben.

Doch schon im Sommer kochten die Gerüchte über eine bevorstehende Ablösung wieder hoch. Aktueller Anlass war das Wahlversprechen des neuen Senats, 100 Polizeibeamte aus den Führungsstäben der Polizei zurück in den Dienst auf der Straße zu schicken. So wollten die Sozialdemokraten den aus ihrer Sicht in Jantoschs Zeit aufgeblähten Wasserkopf abbauen und gleichzeitig die Wachen stärken. Doch bei der Umsetzung haperte es. Das erste Konzept aus dem Polizeipräsidium zur Umsetzung des 100-Köpfe-Versprechens schickte Neumann umgehend zurück. Auch ein zweites fand keine Gnade. Unter anderem soll Jantosch wenig Bereitschaft gezeigt haben, Leute aus seinem Stab den Wachen zur Verfügung zu stellen. Der als konservativ und stur eingeschätzte Polizeipräsident soll auch zumindest intern keinen Hehl daraus gemacht haben, dass er von dem Plan wenig hielt - das trug nicht gerade zur Vertrauensbildung beim Innensenator bei.

Eine Rolle soll aber auch eine schwere Erkrankung Jantoschs spielen, die dazu führte, dass er länger dienstunfähig war. Aus Kreisen der Polizeiführung heißt es, dass Jantosch nach seiner Rückkehr nicht mehr der alte gewesen sei. Er wird als unzugänglich und abweisend beschrieben.

Der designierte Nachfolger Wolfgang Kopitzsch, 62, ist zurzeit Bezirksamtsleiter, aber ein Polizei-Insider. Er begann seine Laufbahn als Lehrer, wechselte aber 1979 an die Landespolizeischule, deren Leiter er 2007 wurde. Kopitzsch dürfte schon wegen seines Alters eine Übergangslösung sein.