Verfahren für Bürgerentscheide wird reformiert. Quorum wird nicht eingeführt. Fraktionen wollen Entwurf zum Jahresende vorlegen.

Hamburg. Die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf Bezirksebene sollen rechtssicherer und die Verfahren effektiver werden. Alle fünf Fraktionen der Bürgerschaft wollen bis zum Jahresende einen Entwurf für ein Bürgerentscheidsgesetz vorlegen, mit dem unter anderem auch die Konsequenzen aus der Abstimmung gegen Wohnungsneubau im Bezirk Nord ("Langenhorn 73") gezogen werden.

Doch das heißeste Eisen bleibt ausgeklammert: Obwohl es eine rechnerische Mehrheit für die Einführung von Quoren bei Bürgerentscheiden gibt, werden die Erfolgshürden nicht Bestandteil der Regelungen sein. Der Grund: Der Verein Mehr Demokratie, der die Bürgerbeteiligung auf Bezirksebene 1998 per Volksentscheid durchgesetzt hatte und an den Gesprächen teilnimmt, ist strikt dagegen.

Die CDU ist für die Einführung einer Regelung, nach der mindestens 20 Prozent aller Wahlberechtigten eines Bezirks teilnehmen müssen und die Mehrheit mit Ja stimmen muss, damit der Bürgerentscheid erfolgreich ist. Die SPD hatte sogar vorgeschlagen, dass mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja stimmen müssen, damit ein Bürgerentscheid erfolgreich und verbindlich ist. An der umstrittenen Abstimmung zum Bebauungsplan Langenhorn 73 hatten sich nur rund 14 Prozent beteiligt, von denen knapp zwei Drittel, zehn Prozent der Wahlberechtigten, gegen die Wohnbebauung waren.

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"Wir halten an unserer Position grundsätzlich fest", sagt SPD-Bürgerschafts-Fraktionschef Andreas Dressel. "Die Frage ist aber, ob es jetzt sinnvoll ist, sich beim grundsätzlichen Thema der Quoren zu verhaken, wo wir andere notwendige Veränderungen gemeinsam auf den Weg bringen können", sagt der SPD-Politiker und gibt selbst die Antwort: "Das wäre nicht klug."

Ähnlich sieht es der CDU-Verfassungsexperte André Trepoll. "Bei den Quoren kommen wir nicht zusammen, bei anderen Fragen schon. Da ist es besser, den Spatz in der Hand zu haben als die Taube auf dem Dach", sagt Trepoll. Wenn die Bürgerschaft mit Mehrheit gegen das Votum von Mehr Demokratie Quoren bei Bürgerentscheiden einführen würde, drohe die Gefahr eines neuen Volksentscheids mit dem Ziel, die Regelung wieder zu kippen.

Dennoch bleibt eine Reihe von Neuregelungen, für die es wie schon bei den Änderungen zum Volksabstimmungsgesetz auf Landesebene einen gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, GAL, FDP und Linken geben soll. Die fünf Fraktionen wollen die Zulässigkeitsprüfung für ein Bürgerbegehren zeitlich vorverlegen, um schneller Rechtssicherheit zu erlangen. Bislang erfolgt die Prüfung erst nach dem Bürgerbegehren, künftig soll sie spätestens nach Abgabe eines Drittels der notwendigen Unterschriften abgeschlossen sein. Zur Erinnerung: Innerhalb von sechs Monaten müssen drei Prozent der Wahlberechtigten eines Bezirks für das Anliegen stimmen.

Spätestens zehn Tage nach Abgabe des ersten Drittels der Unterschriften soll künftig die sogenannte Sperrwirkung beginnen, falls die Zulässigkeitsprüfung positiv ausgegangen ist. Von diesem Zeitpunkt an darf die Verwaltung keine Entscheidungen mehr treffen, die gegen das Anliegen des Bürgerbegehrens gerichtet sind.

Um den Prozess der Bürgerbeteiligung zu beschleunigen, soll die Bezirksversammlung das Recht erhalten, selbst den Bürgerentscheid anzusetzen, bevor das Bürgerbegehren abgeschlossen ist. Ein solches "Bezirksreferendum" hatte die GAL vorgeschlagen. Mehr Effektivität soll durch die Möglichkeit erreicht werden, mehrere Bürgerentscheide an einem Tag zu bündeln.

Für Streitigkeiten um die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens soll eine Schlichtungsstelle beim Amt für Bezirke in der Finanzbehörde eingerichtet werden. Das Moderationsverfahren mit dem Ziel einer inhaltlichen Einigung vor einer Abstimmung soll ausgebaut werden. Wenn eine Moderation läuft, soll es möglich sein, die Frist für ein Bürgerbegehren zu verlängern. Ein Bürgerentscheid soll künftig zwei Jahre Bestand haben, ehe das Thema wieder aufgegriffen werden darf.

"Wir Grüne wollen die Bürgerentscheide fairer ausgestalten, um am Ende eine bessere direkte Demokratie vor Ort anbieten zu können", sagte der GAL-Verfassungsexperte Farid Müller, der die Einführung von Hürden für Bürgerbeteiligung auf bezirklicher Ebene für das falsche Signal hielte.