Beim Rückwärtsausparken war der Rentner Günther S. mit seinem Renault in eine Menschengruppe gerast. Ein Vierjähriger starb auf dem Weg in die Klinik.

Hamburg. Der Rettungsassistent war Minuten nach dem schrecklichen Unfall am Vorplatz des Hauptbahnhofs eingetroffen und leistete dem geschockt im Auto sitzenden Rentner erste Hilfe. An die Worte von Günther S. erinnert er sich noch genau. "Er hat sich Sorgen um sein Auto gemacht, aber hat nicht gefragt, ob Personen zu Schaden gekommen sind", sagte Ralf T. gestern vor Gericht aus. "Offenbar hatte er die Tragweite des Unfalls nicht erfasst."

Es war nicht bloß ein Unfall, es war eine Tragödie: Beim Rückwärtsausparken war Günther S. am 10. Mai 2010 mit seinem Renault in eine Menschengruppe gerast. Der Automatikwagen begrub Katarina Schwarz, ihren Bruder und ihren Sohn Joel-Rayan unter sich. Für den vier Jahre alten Jungen kam jede Hilfe zu später: Er starb noch auf dem Weg ins Krankenhaus.

Die entscheidende Frage, wie es zu dem Unfall am Hauptbahnhof kommen konnte, ist nach wie vor strittig. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Fuß des 75-Jährigen aus Unachtsamkeit vom Brems- aufs Gaspedal abrutschte und hat ihn wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht angeklagt. Günther S. bestreitet den Vorwurf. Über seinen Verteidiger erklärte er beim Prozessauftakt am vergangenen Freitag, er habe einen Krampf im Bein bekommen, dann sei ihm "ganz weiß und trüb vor Augen geworden".

Doch keiner der gestern geladenen Zeugen - ein Polizist, zwei Sanitäter, ein Arzt - erinnerten, dass Günther S. nach dem Unfall von einem Krampf sprach. Zeuge Ralf T.: "Er sagte, dass er einen Gang eingelegt habe, sich der Wagen nicht bewegte und er darauf ordentlich Gas gegeben habe."