Elbphilharmonie: Hamburgs Ex-Bürgermeister Ole von Beust soll vor Parlamentariern auch zum Deal mit dem Baukonzern Strabag aussagen.

Hamburg. Auch eine gesicherte Erkenntnis wirft mitunter Fragen auf. Im Fall der Elbphilharmonie geht das so: Relativ unumstritten ist, dass die Gründe für die vielen Probleme, Bauverzögerungen und Kostensteigerungen vor allem in den Anfängen des Projekts zu suchen sind - nämlich in dem komplizierten Verhältnis zwischen der Stadt Hamburg als Auftraggeberin, den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron und dem Essener Baukonzern Hochtief, sie sind in den vertrackten Verträgen zu suchen und in dem überstürzten Baubeginn 2007, der dem Motto folgte: Wir fangen mal an, die Detailplanung erfolgt parallel.

Diese Erkenntnis wirft aber eben die Frage auf, warum das so gelaufen ist. Beantworten soll sie nun derjenige, der das wohl besser kann als jeder andere: Ole von Beust. Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zur Elbphilharmonie will den früheren Ersten Bürgermeister vorladen. "Das ist geplant", sagte der PUA-Vorsitzende Ole Thorben Buschhüter (SPD) dem Abendblatt. Die Vernehmung werde vermutlich erst 2012 stattfinden, da der Ausschuss zunächst die komplizierte Vertragslage aufarbeiten wolle. Dann wird es auch um einen Brief gehen, den von Beust im November 2006 an Hans Peter Haselsteiner, Chef des österreichischen Baukonzerns Strabag, schrieb. Er halte "eine gütliche Einigung" für sinnvoll, schrieb der Bürgermeister und regte ein Treffen Haselsteiners mit dem städtischen Elbphilharmonie-Beauftragten Hartmut Wegener an: Der Projektkoordinator könnte sich doch mit dem Strabag-Chef "an einem Ort Ihrer Wahl zu einem vertraulichen Gespräch über Möglichkeiten einer Verständigung treffen". Aus dem Brief hatte der SPD-Obmann im PUA, Metin Hakverdi, kürzlich im Ausschuss zitiert.

+++Elbphilharmonie: Leuchtturmprojekt und Sorgenkind+++

Worum ging es? Bis zum 15. September 2006 sollten die Strabag und Hochtief als letzte verbliebene Konkurrenten ein Angebot für den Bau des Konzerthauses abgeben. Die Strabag sah sich dazu jedoch nicht in der Lage und listete auf mehr als 100 Seiten vermeintliche Lücken in der Ausschreibung auf. Unter anderem soll Strabag Bedenken wegen der tonnenschweren, gebogenen Fenster - jedes für sich ein Unikat - angemeldet haben. Hochtief hielt hingegen alles für machbar und bekam den Zuschlag. Das akzeptierte Strabag jedoch nicht und reichte eine offizielle Vergaberüge ein. Kurzzeitig soll der Konzern erwogen haben, ein Angebot mit einem Risikoaufschlag von 100 Millionen Euro abzugeben - damit wäre man immer noch meilenweit von den gut 350 Millionen Euro entfernt gewesen, die der Bau allein die Stadt nach heutigem Stand kosten wird.

Doch so weit kam es gar nicht. Denn als sich eine juristische Auseinandersetzung über die Vergabe des Auftrags und damit eine jahrelange Verzögerung des Projekts andeutete, schaltete sich von Beust ein. Dem Bürgermeister war klar, dass das Zeitfenster für die Elbphilharmonie nur kurz offen stehen würde. Absolute Mehrheit der CDU, Aussicht auf einen ausgeglichenen Haushalt in 2007, positive Stimmung in der Stadt zugunsten des Jahrhundertprojekts - so günstig würden die Sterne nie wieder stehen. Also schrieb von Beust besagten Brief an den Strabag-Chef. Ende November 2006 trafen sich Wegener und Haselsteiner in Wien und fädelten einen Vergleich ein: Strabag verzichtete auf rechtliche Schritte, im Gegenzug gab die Stadt eine Erklärung ab: "Hamburg erkennt die guten und konstruktiven Leistungen der Strabag in dem Verhandlungsverfahren Elbphilharmonie an", heißt es darin. Und weiter: Deswegen werde man "andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit prüfen. Angedacht sind Bauleistungen oder Projektentwicklungen auf städtischen Grundstücken durch Strabag ..."

"Dass eine Vergaberüge durch so einen Akt vom Tisch kommt, hat ein Geschmäckle", sagt Buschhüter. Seines Wissens wurde die Vereinbarung wieder aufgehoben - wie und warum, will er mittels einer Kleinen Anfrage an den Senat klären. Teilweise aufgeklärt ist der brisanteste Satz des Deals: "Sollte die Zusammenarbeit binnen eines Jahres nicht einen angemessenen Umfang erreichen, kann die Strabag nach eigenem Ermessen die in dem fast zwei Jahren andauernden Verhandlungsverfahren entstandenen Kosten mit einem Pauschalbetrag von drei Millionen Euro in Rechnung stellen." Nach Angaben des Senats ist dieses Geld zwar nie geflossen. Ob eines der vielen Projekte, die ein Konzern wie Strabag öfter in Hamburg durchführt, mit diesem Deal zusammenhängt, ist nicht belegt.

Für Jörg Hamann, CDU-Obmann im PUA, ist der Fall daher nicht der Rede wert: "Das ist eine vernünftige und übliche Einigung in so einem Vergabeverfahren." Anders sieht es SPD-Experte Hakverdi: "Ole von Beust wollte die Planungsmängel- und Kostendebatte, die so ein öffentliches Rügeverfahren mit sich gebracht hätte, damals nicht haben, um das Projekt starten zu können." Sowohl der Ex-Bürgermeister als auch die Strabag wollten sich gestern mit Blick auf die Ermittlungen des Parlaments nicht zu dem Vorgang äußern.