Der amtierende Vorsitzende Ruben Herzberg tritt am 21. August nicht wieder an. 34 Kandidaten stehen zur Wahl. Seit Jahren gibt es Streit.

Hamburg. Die rund 3000 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Hamburg wählen am 21. August einen neuen Beirat. Dieser wiederum wählt dann den Vorstand. Doch schon jetzt steht fest: Der amtierende, fünfköpfige Vorstand tritt nicht mehr an.

Der bisherige Vorsitzende, Ruben Herzberg, seit 2007 im Amt, steht für diesen Posten nicht mehr zur Verfügung. Auf Abendblatt-Anfrage bestätigt Herzberg: "Dieses Ehrenamt nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, und ich werde mich künftig noch mehr meinem Hauptberuf als Schulleiter des Gymnasiums Klosterschule widmen. Die vergangenen vier Jahre waren sehr spannend, wir haben viel erreicht." Nun sei es an der Zeit, dass jüngere Gemeindemitglieder im Vorstand Verantwortung übernähmen, sagt der 59-Jährige.

Die entscheidende Frage ist nun, wer künftig die Jüdische Gemeinde in Hamburg führen wird. Denn seit Jahren gibt es innerhalb der Gemeinde immer wieder heftige Auseinandersetzungen. So ging es beispielsweise um die umstrittene Amtsenthebung des Landesrabbiners Dov Levy Barsilay. Ruben Herzberg sagt über die Vergangenheit: "Bewegte Zeiten liegen hinter uns. Die Jüdischen Gemeinden sind für eine gesunde Streitkultur bekannt."

34 Kandidaten treten bei der Beiratswahl an. Darunter zahlreiche Mitglieder, die sich auch bisher schon in der Gemeindearbeit engagiert haben. Einer davon ist Ruven Dreiblatt. Der Kaufmann ist der amtierende Vorsitzende des Beirats und gehörte bereits mehrere Jahre dem Vorstand an. Dreiblatt bestätigt dem Abendblatt: "Ich möchte mich in die Vorstandsarbeit einbringen." Dabei stehe für ihn der Ausbau der Joseph-Carlebach-Schule und vor allem eine Verbesserung der finanziellen Situation der Gemeinde im Vordergrund. Dreiblatt sagt: "Wir sollten prüfen, an welchen Stellen wir Einsparungen vornehmen können."

Für "jede Position innerhalb der Gemeinde" steht nach eigenem Bekunden Heinz Jaeckel zur Verfügung. Er war von 1991 bis 1996 Geschäftsführer der Gemeinde, außerdem führte er viele Jahre die Jüdische Gemeinde in Münster: "Mir ist wichtig, dass nun endlich innerhalb der Gemeinde Frieden einkehrt." Auch Daniel Killy, der vor Kurzem in den Beirat nachgerückt ist, stellt sich wieder zur Wahl. Der Journalist steht für ein Vorstandsamt zur Verfügung. Für Killy steht fest: "Wir müssen nach vorne schauen. Dabei ist natürlich wichtig, dass wir alle gemeinsam für eine starke Jüdische Gemeinde eintreten." Die Zeit der Streitigkeiten müsse endlich ein Ende finden, so Killy weiter.

Zur jüngeren Generation der Jüdischen Gemeinde zählt Philipp Stricharz. Der 33-Jährige wird ebenfalls antreten und wäre auch an einem Vorstandsamt interessiert. Für den Rechtsanwalt ist wichtig: "Wir brauchen wieder einen Gemeinderabbiner, und wir müssen uns mehr um die soziale Betreuung unserer älteren Mitglieder kümmern."

Auch wenn es immer wieder Auseinandersetzungen gab, zieht Ruben Herzberg eine positive Bilanz seiner Amtszeit. Als besonderen Erfolg nennt er die Einbindung der Jüdischen Gemeinde im Grindelviertel, dem ehemaligen jüdischen Herzen der Hansestadt, und die Entwicklung der Joseph-Carlebach-Schule im Gebäude der ehemaligen Talmud-Tora-Schule am Grindelhof: "Wir haben den Schulbetrieb im Jahr 2007 mit zwölf Schülern wieder aufgenommen, heute sind es 100." Außerdem werde aus der Grundschule nun eine Sekundarschule, nach den Schulferien werde dort erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg eine fünfte Klasse eingerichtet. Herzberg sagt: "Das Ziel ist es, dass die jüdischen und nicht jüdischen Schüler gemeinsam auf der Joseph-Carlebach-Schule bis zum Abitur geführt werden."

Ganz loslassen möchte er jedoch nicht: Auch in Zukunft will Ruben Herzberg der Jüdischen Gemeinde beratend zur Seite stehen.