Durch Strafen kaum zu bändigen: Intensivtäter kommt wieder mit Bewährungsstrafe davon. Urteil entfacht eine politische Debatte.

Hamburg. Empört wehren sich die Hamburger Richter gegen den hier und da laut werdenden Vorwurf der "Kuscheljustiz". Dieser Fall vor dem Amtsgericht Altona war indes Wasser auf die Mühlen jener, die eine gelegentlich übertriebene Nachsicht mit jungen Straftätern unterstellen.

Es ging gestern um die Frage, wie Fatih Y. zu bestrafen sei. Die Staatsanwaltschaft legte dem 22-Jährigen zwei Verstöße gegen das Waffengesetz zur Last. Im Kern ging es darum, ob die Strafe noch einmal zur Bewährung ausgesetzt werden könne - zumal der Angeklagte immer wieder mit der Justiz aneinandergeraten war. Weil er Menschen ausgeraubt, bedroht, beleidigt, genötigt und verprügelt hatte, weil er mehrfach gegen das Waffen- und das Betäubungsmittelgesetz verstoßen hatte. Polizei und Staatsanwaltschaft führen ihn als einen von rund 100 Intensivtätern in Hamburg, denen gemein ist, dass sie jung, vielfach vorbestraft und durch Strafen kaum zu bändigen sind.

Politiker und Opferverbände fordern, bei Intensivtätern konsequent durchzugreifen, statt sie durch "falsche Milde" in ihrem Fehlverhalten zu bestärken. Mit Blick auf Bayern erneuerte Viviane Spethmann, rechtspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, ihre Kritik an der Bestrafungspraxis in Hamburg. "In Bayern werden Intensivtäter bei ähnlich gelagerten Straftaten deutlich härter bestraft. Dabei sind die jungen Leute hier nicht anders als im Süden und die Richter nicht anders ausgebildet. Man reibt sich verwundert die Augen, wenn dann mit zweierlei Maß gemessen wird."

Spethmann spielte damit auch auf den Fall Fatih Y. an. Der 22-Jährige gestand gestern, im Oktober mit der Schusswaffe eines Freundes mehrere Schüsse gen Himmel abgefeuert zu haben. Nur fünf Monate später hantierte er während einer Schlägerei auf der Großen Freiheit mit einem hierzulande verbotenen Butterflymesser herum.

Beide Taten verübte Fatih Y. unter laufender Bewährung. 2009 hatte ihn das Amtsgericht Altona zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Bewährungszeit bis November 2011 festgesetzt. Von weiteren Straftaten hielt ihn das nicht ab. 2010 kassierte er wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und Hausfriedensbruchs milde Geldstrafen, aktuell sind zwei Verfahren offen: Die Staatsanwaltschaft verdächtigt ihn, einen Raub und eine Unfallflucht begangen zu haben.

Vor Gericht gelobte der vermeintlich Unbelehrbare gestern Besserung. Er werde eine Ausbildung und eine Therapie beginnen, um seine Cannabis-Sucht in den Griff zu bekommen. Das reichte offenbar, um die Richterin von einer positiven Sozialprognose zu überzeugen. Trotz der Vorstrafen, trotz des erneuten Verstoßes gegen die Bewährung, trotz des Antrags der Staatsanwältin, ihn für elf Monate hinter Gitter zu schicken, verurteilte sie ihn zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten. Wieder nur ein Warnschuss - Fatih Y. atmete erleichtert auf.