Es knirscht mächtig zwischen Neumann und Jantosch. Die Zeichen stehen auf Trennung.

Der hochrangige Besucher, der an jenem trüben Novembertag im Jahr 2001 die Innenbehörde aufsuchte, wusste, was auf ihn zukommt. Der Termin dauerte nur wenige Minuten - dann war Polizeipräsident Justus Woydt entlassen. Der neue Innensenator Ronald Schill war gerade zwei Wochen im Amt, als er seinen wichtigsten Angestellten zu sich zitierte, um ihn in den Ruhestand zu versetzen. "Der steht auf meiner Abschussliste", hatte Schill schon vorher posaunt. In der Tat lagen zwischen dem irrlichternden "Richter Gnadenlos" und dem bedächtigen Verwaltungsprofi "Welten im Denken", wie SPD-Mitglied Woydt später sagte. Diese Welten waren so groß, dass Schill sogar in Kauf nahm, die Polizei zwei Monate führungslos zu lassen. Erst im Januar 2002 holte er den zwar parteilosen, aber als harter Hund geschätzten Udo Nagel aus München nach Hamburg.

Nun ist es nach Regierungswechseln, insbesondere wenn es der erste nach 44 Jahren ist, nichts Ungewöhnliches, dass Personal auf Schlüsselpositionen ausgewechselt wird. Auch die CDU und ihre jeweiligen Koalitionspartner, die angetreten waren, den roten Filz zu vertreiben, verhielten sich entsprechend, von Ausnahmen abgesehen. So durfte Hochbahnchef Günter Elste trotz seiner Vergangenheit als SPD-Fraktionschef unter allen CDU-Senaten weiterarbeiten.

Dennoch: Zehn Jahre nach dem Machtverlust trifft der neue SPD-Senat nun auf merklich schwärzere Strukturen. Bürgermeister Olaf Scholz hat zwar die Devise ausgegeben, dass jeder bleiben darf, der gute Arbeit leistet und sich loyal verhält - wie zum Beispiel Kulturstaatsrat Nikolas Hill (CDU). Doch es gibt auch andere Beispiele: Wandsbeks Bezirksamtsleiterin Cornelia Schroeder-Piller (CDU) wurde durch Thomas Ritzenhoff (SPD) ersetzt, Torsten Meinberg (Harburg) dürfte als letzter CDU-Bezirksamtsleiter früher oder später von Thomas Völsch (SPD) abgelöst werden, und UKE-Chef Jörg Debatin (CDU) geht ebenfalls. Trauer darüber im Senat ist nicht überliefert.

In den kommenden Monaten dürfte sich auch die Geschichte mit dem Polizeipräsidenten wiederholen. Zwar liegen zwischen Innensenator Michael Neumann (SPD) und Polizeichef Werner Jantosch nicht ganz so viele Welten wie seinerzeit zwischen Schill und Woydt. Aber es knirscht mächtig, und die Zeichen stehen auf Trennung. Nicht das einzige, aber derzeit das heikelste Problem ist die Stärkung der Polizeiwachen um 100 Beamte - ein Wahlversprechen der SPD, das darüber hinaus beinhaltete, woher die 100 Polizisten kommen sollen: aus den "Stäben", den aus Neumanns Sicht viel zu großen Führungszirkeln rund um Jantosch. Dass der konservative Polizeipräsident davon wenig hält und sich intern gern darauf zurückzieht, "der Senator" wolle das so, wird ihm in der Innenbehörde übelgenommen. Das sei nicht die Loyalität, die von dem führenden politischen Beamten erwartet werde, heißt es.

Doch damit nicht genug. Ein erstes Konzept aus dem Polizeipräsidium zur Umsetzung des 100-Köpfe-Versprechens schickte Neumann umgehend zurück. Auch ein zweites. Wie aus seinem Umfeld zu vernehmen ist, stört sich der Innensenator, der seine eigene Präsidialabteilung schon verkleinert hat, vor allem daran, dass Jantosch sich hartnäckig weigert, ebenso zu verfahren. Ganze zwei Leute aus seinem Stab wollte er den Wachen zur Verfügung stellen. "Der tanzt dem Senat auf der Nase herum", sagt ein Insider. Nicht ausgeschlossen wird, dass Jantosch seinen Rauswurf provoziert, indem er sich ein letztes Mal gegen politische Vorgaben wehrt - was in bestimmten Polizeikreisen durchaus honoriert wird. Einen Rücktritt des pflichtbewussten Polizisten schließen Weggefährten jedenfalls aus.

Zwei Varianten machen die Runde. Die erste: Neumann versetzt Jantosch demonstrativ in den Ruhestand und dokumentiert als Handelnder, dass jetzt ein anderer Wind weht. Die zweite: Jantosch muss für die nächste Krise als Bauernopfer herhalten - das könnte eine erneute Serie brennender Autos sein oder auch Krawalle beim Schanzenfest. Rechtlich und finanziell sind beide Wege unproblematisch, denn Jantosch hat ohnehin die Altersgrenze von 60 Jahren erreicht und kann als Beamter jederzeit in den Ruhestand versetzt werden. Theoretisch bleibt auch noch als dritte Möglichkeit, dass der Polizeipräsident seine Haltung zum Senat ändert und seine "Bewährung" verlängert wird, damit rechnet jedoch kaum jemand.

Bleibt die Frage der Nachfolge. Am häufigsten kursiert der Name Wolfgang Kopitzsch (SPD). Der Bezirksamtsleiter in Hamburg-Nord war zuvor Leiter der Landespolizeischule und kennt Polizei, Verwaltung und Politik gleichermaßen gut. Nicht ausgeschlossen wird aber auch eine externe Lösung, wie sie derzeit in Berlin mit dem früheren Bundesgrenzschutzpräsidenten Udo Hansen angestrebt wird. So ein Vorgehen würde an die Berufung von Udo Nagel anknüpfen - und zehn Jahre nach dem Besuch von Justus Woydt in der Innenbehörde würde sich der Kreis schließen.