In dieser Woche drehte sich fast alles um die geplanten Kürzungen im Wissenschaftsetat. Dressel nun oberster Hochschulpolitiker.

Einen Sinn für feine Selbstironie haben sich die Wissenschaftler der Universität auch in Zeiten des stürmischen Protests gegen die Kürzungen im Wissenschaftsetat bewahrt. "Eule der Minerva" nennt sich die Hochschullehrergruppe, die den offenen Brandbrief entworfen hat, der Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) Mitte der Woche erreicht hat, unterzeichnet von mehr als 840 Kollegen. Die sprichwörtliche Eule der römischen Göttin Minerva - für Hegel das Symbol der Philosophie und Weisheit - beginnt ihren Flug erst mit der einbrechenden Dämmerung. Auf die Philosophie übertragen heißt das: Sie kann Erklärungen erst liefern, wenn es schon zu spät für konkrete Änderungen ist. Dabei wollen die Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter mit ihren Argumenten diesmal nicht nur die Welt erklären, sondern sie tatsächlich verändern.

Der wichtigste Punkt ist die Rücknahme der Sparbeschlüsse. Nach den Kürzungen der Vergangenheit führen die 13 Millionen Euro, die der SPD-geführte Senat 2011 und 2012 im Hochschulbereich sparen will, zu weiteren drastischen Einsparungen im Personalbereich, schreibt die "Eule". Schon jetzt sei Hamburg "mit weniger als drei Prozent der öffentlichen Ausgaben für Wissenschaft und Forschung das beschämende Schlusslicht im Bundesländervergleich". Das alles lasse nur den einen Schluss zu, "dass Hamburg als Wissenschaftsstandort seitens der Politik nicht gewünscht ist".

Die SPD hat, keine drei Monate nach dem Amtseid von Bürgermeister Scholz, ihren ersten kommunikativen Krisenfall. Die Sozialdemokraten stehen als hochschulferne Blockadepolitiker da. Geschickt agierende Hochschulmanager wie Uni-Präsident Prof. Dieter Lenzen haben den Senat in die Bredouille gebracht. Dabei hat die SPD hochschulpolitisch mit der Abschaffung der Studiengebühren durchaus etwas anzubieten. Es redet nur kaum jemand darüber. Es sei denn, dass kritisch nachgefragt wird, woher denn die versprochene Kompensation für den Einnahmeausfall der Hochschulen kommen soll.

"Wir setzen uns ernst damit auseinander", sagt SPD-Fraktionschef Andreas Dressel zum Protest der Uni-Professoren. Alle müssten allerdings einsehen, dass die Stadt "langfristig den Weg der Konsolidierung" gehen müsse. Das heißt kaum verhüllt, dass mit mehr Geld nicht zu rechnen sei. Immerhin zeigt Dressel Verständnis für die Not der anderen: "Es ist klar, dass das für keinen Beteiligten ein Spaziergang ist."

Der SPD-Fraktionschef ist seit dieser Woche gewissermaßen der oberste Hochschulpolitiker der Genossen. Am Sonntag lud er die Präsidenten der sieben Hochschulen zu einem Gipfeltreffen ein, das nun am kommenden Freitag stattfinden soll. Es ist bemerkenswert, dass Dressel die Initiative an sich gezogen hat. Denn zunächst einmal wäre es die Aufgabe von Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) gewesen, die Differenzen mit den Akademikern auszuräumen. Der Senat agierte aus Dressels Sicht offenbar viel zu defensiv in der öffentlichen Debatte.

Dass die Hochschulpolitik in der SPD-Fraktion nun plötzlich Chefsache ist, zeigte sich auch an einem anderen Detail. Für die Hamburg-1-Sendung "Schalthoff live" am Dienstagabend war Philipp Sebastian Kühn, hochschulpolitischer Sprecher der Fraktion, als Gast eingeladen worden. So stand es im Programm. Doch wenige Stunden vor Beginn der Sendung kam die Wende: Die SPD-Fraktion teilte mit, Dressel werde statt Kühn an der Talkrunde teilnehmen. "Wir haben einvernehmlich entschieden, dass sich der Fraktionsvorsitzende in die Debatte einbringt", sagte Dressel hinterher. Sehr basisdemokratisch klingt das nicht.

Es gibt durchaus Sozialdemokraten, die die Klage der Hochschulen in Teilen für berechtigt halten. Es geht zum Beispiel um die Frage, wie viel Exzellenz der Wissenschaft - viel beschworen, aber teuer - sich Hamburg noch leisten will oder kann. Manche Sozialdemokraten sehen auch, dass sich das Gesamtbudget für die Hochschulen kaum verändert hat, obwohl mit der HafenCity-Universität und der Hamburg Media School zu CDU-Zeiten zwei neue Einrichtungen dazugekommen sind. Nur passen derartige Erwägungen nicht zum harten Kurs des Senats in der Frage der Hochschulfinanzierung.

Noch ein drittes Mal hat Fraktionschef Dressel in dieser Woche eingegriffen. Der Wissenschaftsausschuss der Bürgerschaft will die Hochschul-Präsidenten am Dienstag im Rahmen einer Anhörung befragen. Zunächst dachte der Vorsitzende Wieland Schinnenburg (FDP) wegen des erwartbar großen öffentlichen Interesses daran, den Ausschuss im Großen Festsaal des Rathauses tagen zu lassen. Doch das wurde wegen möglicher lautstarker Proteste abgelehnt, weil zeitgleich im Kaisersaal Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) die Gäste des Neustifterempfangs begrüßen wird. Als Ausweichquartier wurde schließlich ausgerechnet das Audimax gefunden - der größte Hörsaal der Universität ist gewissermaßen die Höhle des Löwen.

Plötzlich erhob die Polizei Sicherheitsbedenken gegen den Tagungsort Audimax, und alle Einwände gegen die Sitzung im Großen Festsaal waren weggewischt. Dressel schaltete sich ein. "Ich habe Gespräche pro Rathaus geführt. Es ist gut, dass der Ausschuss auf neutralem Boden tagt", sagte der Fraktionschef. Prompt handelte sich die SPD den Vorwurf der GAL-Hochschulpolitikerin Eva Gümbel ein, sie wolle "vor der Diskussion an der Universität kneifen". Das ist allerdings bestenfalls oberflächlich betrachtet richtig. Wenn die Regierungspartei SPD die Diskussion über ihre Sparpläne im Ausschuss hätte verhindern wollen, hätte sie dies mit ihrer Mehrheit tun können.

Allerdings zeigen die Beispiele dieser Woche doch eines: Wer gegen die Sparpläne des SPD-Senats protestiert, trägt wohl keine Eulen nach Athen.