Wegen falscher Wahlzettel sind mehr als 2000 Stimmen ungültig. Möglicherweise ändert sich die Zusammensetzung der Bürgerschaftsfraktionen.

Hamburg. In Harburg wird es in zwei Wahlbezirken Neuwahlen geben - sowohl für die Bürgerschaft als auch für die Zusammensetzung der Bezirksversammlung. Eine entsprechende Empfehlung gab Landeswahlleiter Willi Beiß gestern vor dem Verfassungsausschuss der Bürgerschaft bekannt.

Grund dafür ist ein Wahlfehler in den Wahlbezirken 71006 (Wahllokal Schule Kirchenhang 33 in Eißendorf) und 71108 (Wahllokal Schule Grumbrechtstraße 63 in Heimfeld).

Dies kann dazu führen, dass sich die Zusammensetzung der Bürgerschaftsfraktionen noch einmal ändert. In einem unwahrscheinlichen, aber rein rechnerisch möglichen Fall könnte sich sogar die Mandatsverteilung zwischen den Parteien in der Bürgerschaft verändern. Letztmöglicher Wahltermin ist der 5. Mai. Für die Neuwahlen gibt es zwei Varianten.

Variante 1: Es dürfen nur diejenigen Wähler in den beiden Wahlbezirken neu abstimmen, die am 20. Februar falsch gewählt haben. Das sind insgesamt 446 Wähler à fünf Stimmen, also je 2230 Stimmen für die Landesliste und die Wahlkreisliste. Das Einzige, was bei dieser Nachwahl passieren kann, ist, dass der bisher für die SPD in die Bürgerschaft eingezogene Matthias Czech sein Mandat verliert und für ihn die SPD-Politikerin Barbara Schulz ins Parlament einzieht. Die Neuwahlen würden keine Auswirkungen auf die Parteistimmen haben.

Dieses Vorgehen empfiehlt Landeswahlleiter Willi Beiß. "Ein Wahlfehler soll ungeschehen gemacht werden, deshalb halte ich diese Variante für angemessen, weil die Auswirkungen bei 446 Stimmen beschränkt sind", sagte Beiß dem Abendblatt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bleibe gewahrt.

Variante 2: Alle 2194 Wahlberechtigten der beiden Wahlbezirke stimmen noch einmal ab. Damit würden maximal 10 970 Stimmen erneut auf die verschiedenen Parteien und Personen vergeben. Welche Auswirkungen diese rund 11 000 Stimmen im äußersten Fall auf die Zusammensetzung der Bürgerschaftszusammensetzung haben können, konnte Landeswahlleiter Willi Beiß gestern noch nicht abschließend sagen. Dazu müssten erst umfangreiche Berechnungen folgen. Rein rechnerisch sei es eventuell möglich, dass die SPD eines ihrer Mandate verliert und die CDU eines hinzugewinnt. Das hält Beiß aber für "sehr unwahrscheinlich", weil dafür nahezu alle 11 000 Stimmen für die CDU abgegeben werden müssten.

Welche der beiden Varianten letztlich zum Tragen kommt, ist eine politische Entscheidung, die die Bürgerschaft treffen muss.

"Mit einer Wiederholungswahl in einem Wahlkreis betritt die Bürgerschaft Neuland. Wir werden entscheiden müssen, wie viele Bürger noch einmal wählen dürfen", sagte der verfassungspolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Farid Müller. Am Abend wurde noch keine abschließende Entscheidung getroffen. Die Tendenz, so die Fachsprecherin der Linken, Christiane Schneider, gehe aber dahin, dem Vorschlag des Landeswahlleiters zu folgen. Wichtig sei es, dass die Frage vor der Bürgerschaft mit den Fraktionen noch einmal besprochen werde. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel will eine geschlossene Entscheidung aller Fraktionen. "Bei solchen Fragen sollte es einen breiten Konsens geben", so Dressel.

Auslöser für die Situation ist laut Landeswahlamt ein "Fehler bei der Wahlorganisation". Im Bezirk Harburg seien durch ein "Büroversehen im Bezirksamt" vor dem Wahltag 17 Wahllokale des Wahlkreises 16 mit falschen Wahlkreisstimmzetteln beliefert worden. Dieser Fehler wurde rechtzeitig bemerkt und noch vor der Wahl behoben. Dabei wurden auch die Stimmzettel in den beiden Wahlbezirken 71006 und 71108 ausgetauscht - ein erneuter Fehler, denn diese beiden Wahllokale hatten die richtigen Stimmzettel für den Wahlkreis 17.

Und so wurde in der Schule Kirchenhang 33 und in der Schule Grumbrechtstraße 63 auf den falschen Stimmzetteln gewählt. Ein Fehler, der während der Wahl nicht mehr vollständig behoben werden konnte. Nun aber mit Neuwahlen.