Dorothee Stapelfeldt hört sich die Kritik der Hochschulen an. Den Start in ihr neues Amt will sie nicht für große Gesten nutzen.

Hamburg. 32 Jahre ist es her, dass Dorothee Stapelfeldt auf den Tisch des Uni-Präsidenten sprang, um gegen "Schnüffeleien" des Verfassungsschutzes zu protestieren. Ihr erster Auftritt als Senatorin vor hochrangigen Wissenschaftlern verläuft dagegen gesittet. Die Hochschulexpertin will den Start in ihr neues Amt nicht für große Gesten nutzen. Beim Grußwort vor dem Symposium der "Zeit"-Stiftung in der Bucerius Law School wiederholt sie lediglich Versprechen aus dem Wahlkampf: Demokratisierung der Hochschulen, Abschaffung der Studiengebühren, Sanierung des Campus.

Das alleine sind ambitionierte Pläne, aber die Erwartungen der akademischen Gemeinde scheinen größer zu sein. Dafür hat Stapelfeldt auch selbst gesorgt. Kürzlich, aus der Opposition heraus, bezeichnete sie die magere Ausbeute der Stadt beim Exzellenzwettbewerb als "Ohrfeige für den Senat". Nun trägt sie selbst Verantwortung.

Uni-Präsident Dieter Lenzen wirkt frustriert, wenn er über den Wissenschaftsstandort doziert. Der "Souverän" müsse endlich entscheiden, ob die Stadt nun oben mitspielen wolle oder eben nicht, sagt er. Alternativ schlägt er vor, die Unis aufzugeben und Forschung anderswo einzukaufen, nach dem Motto: "War ein netter Versuch".

Das ist natürlich Polemik, aber es geht um die Finanzmittel der Hochschulen. In einem Brief an seine Mitarbeiter schrieb Lenzen kürzlich von "bitteren" Erfahrungen, der Wissenschaft hier seien enge Grenzen gesetzt. Der Präsident prangert unermüdlich die vergleichsweise schlechte Finanzierung der Hochschulen an.

Nur ein Hamburger Forschungsprojekt ist noch in der Endrunde der akademischen Champions vertreten, in der Millionen-Fördermittel winken. Zwar ist der Sinn dieser härter werdenden Konkurrenz umstritten. Eine Aussage dürfte jedoch allseits akzeptiert werden: "Es stärkt die Starken und schwächt die Schwachen", sagt Herfried Münkler, Professor der Berliner Humboldt-Universität. Es zeichnet sich also eine akademische Klassengesellschaft ab. Wer oben dabei ist, bekommt auch mehr Geld. "Dieses Zukunftskonzept ist hier zunächst gescheitert", sagt Lenzen.

Wie geht der SPD-Senat damit um? Senatorin Stapelfeldt lässt erkennen, dass sie sich mit Entscheidungen Zeit lassen will. Sie wolle mit den Unis, aber auch der Stadt, "gemeinsam diskutieren", sagt sie. "Demokratische Entscheidungen führen zu mehr Akzeptanz." Als Beleg könnte sie sich auf die Ära der gescheiterten Uni-Präsidentin Monika Auweter-Kurtz berufen, die wenig debattierte. Auch erklärte das Bundesverfassungsgericht kürzlich Teile des Hochschulgesetzes für verfassungswidrig; dabei geht es teilweise um Kompetenzen des Hochschulrats, in dem auch Vertreter der Wirtschaft sitzen. Wie Johann C. Lindenberg, einst Vorsitzender von Unilever, der "kleine Gremien" besser findet, sagt er.

Es sind zähe Konflikte, denen Stapelfeldt sich stellen muss. Bisher zeichnet sich ein anderer Fokus ab als Exzellenzen. "Wissenschaft hat große Bedeutung für die Lebenschancen von Individuen", sagt sie. Klassische Sozialdemokratie also. Möglichst viele junge Menschen aller Schichten sollen bei guten Bedingungen studieren. Geld pumpt der Senat dafür in die Abschaffung der Studiengebühren. Jährlich 30 Millionen, die den Unis nach der Streichung rechnerisch fehlen, werden kompensiert. Stapelfeldt kümmert sich also zunächst um die Lehre. Ein höheres Wissenschaftsbudget für die Spitzenforschung ist nicht zugesichert. Angesichts des angekündigten Sparkurses von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist daran auch kaum zu denken: Allein die versprochene Sanierung des Campus wird Hunderte Millionen kosten.

Präsident Lenzen will jedenfalls schnell wissen, wohin die Reise geht. Zum Abschied bekommt Stapelfeldt noch einen Blumenstrauß im Namen des Symposiums überreicht. Mit der Botschaft: "Hoffentlich wollen wir Ihnen nächstes Mal auch einen geben."