Beide Politiker müssen um die Gunst der Parteibasis kämpfen. Parteivize Weinberg sagt: “Die Mitglieder sollen uns ordentlich löchern.“

Hamburg. Der frühere Staatsrat Rolf Reincke will CDU-Vorsitzender in Hamburg werden. Der 46-Jährige gab seine Kandidatur überraschend gestern Abend auf dem Landesparteitag im Wilhelmsburger Bürgerhaus bekannt. Damit wird es vermutlich zu einem Duell um die Nachfolge von Frank Schira kommen, der sich im Juni nach der Wahlniederlage am 20. Februar und dem damit verbundenen Machtverlust aus dem Amt zurückziehen will.

Außer Reincke hatte bislang nur der Bundestagsabgeordnete und Hamburger Parteivize Marcus Weinberg Interesse bekundet. Am späten Abend beschloss die CDU, ihren neuen Vorsitzenden erstmals per Mitgliederbefragung zu ermitteln. Weitere Bewerbungen sind bis zum 12. April möglich. Am 5. Juni soll der Gewinner der Befragung bekannt gegeben werden. Das Votum soll nur empfehlenden Charakter für einen Landesparteitag haben, der am 16. Juni den Vorsitzenden wählen muss.

Reincke stammt wie Weinberg aus dem CDU-Kreisverband Altona. Der Versicherungskaufmann war erst 2009 in die Bürgerschaft nachgerückt und 2010 zum Staatsrat ernannt worden. Zuständig war er in der Finanzbehörde für die Bezirke und in der Innenbehörde für Sport. Diesem ist Reincke eng verbunden - von 2006 bis 2010 als Vizepräsident Leistungssport beim Hamburger Sportbund. Nachdem er vom neuen Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) als Staatsrat entlassen worden war, kehrte er in seinen Job als Fachbereichsleiter bei der Hermes Kreditversicherung zurück. Reincke: "Ich möchte es nicht als Gegenkandidatur verstanden wissen, aber ich möchte den Mitgliedern die Möglichkeit einer Auswahl bieten." Inhaltlich wolle er sich für die "wachsende Stadt" einsetzen.

"Unsere Partei überrascht uns immer wieder", sagte Marcus Weinberg, den die Kandidatur Reinckes unvorbereitet traf. Er begrüße es aber, einen Gegenkandidaten zu haben. Jetzt müssten beide um die Gunst der Parteibasis kämpfen. Weinberg: "Die Mitglieder sollen uns ordentlich löchern."

Nachdem ein zweiter Kandidat seinen Hut in den Ring geworfen hatte, war die Mitgliederbefragung relativ unumstritten und wurde mit großer Mehrheit beschlossen. Im Vorfeld hatte es Vorbehalte gegeben, falls es nur einen Kandidaten und damit gar keine Auswahl geben sollte. Diese Bedenken wurden durch Reinckes Kandidatur zerstreut. Der Antrag, eine Findungskommission einzusetzen, die bundesweit Kandidaten suchen soll, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Der Delegierte Thomas Spahn aus Marmstorf legte aber Widerspruch gegen die Mitgliederbefragung ein, weil in dem Beschluss nicht geregelt sei, wie die Briefwahl ablaufen soll, wer die eingehenden Briefe wo lagert und wer sie auszählt. Spahn fragte auch, wie kontrolliert werde, welche Mitglieder "echt" und welche nur "virtuell" sein könnten, und erinnerte an die Verschickung von CDU-Mitgliederpost im Jahr 1982. Damals sei man über 30 an derselben Adresse am Spielbudenplatz auf St. Pauli gemeldete Mitglieder gestolpert. Spahn: "Ich bin dann mit einem Kumpel da hingefahren, und siehe da: Es war ein Stundenhotel."