Der Wandsbeker SPD-Kreischef Karl Schwinke soll Sportstaatsrat werden. Vereine sehen seine Nominierung allerdings kritisch.

Hamburg. Neuer Senat, altes Problem: Kaum stehen die Personalien für den Senat und Verwaltungsapparat fest, zeigt sich der Hamburger Sport enttäuscht. Vereine und Verbände fürchten, dass "der Sport auch beim neuen Senat hinten überfällt". Auslöser für die Unzufriedenheit ist die Besetzung des Sportstaatsrates: Überraschend soll der Wandsbeker SPD-Kreischef Karl Schwinke den Posten übernehmen. Schwinke hatte sich in der zurückliegenden Bürgerschaft einen Namen als Hafenexperte gemacht; als Sportexperte war er bis dato nicht aufgefallen.

So war die Überraschung in der Fraktion groß, als die Wahl des Bürgermeisters auf Schwinke fiel. Ein Parteifreund ätzt, das Amt des Sportstaatsrates sei ein "Versorgungsposten" für Schwinke. Eigentlich habe der 60-jährige Wandsbeker Senator werden wollen. Als Sprecher für Wirtschaft kam er aber nicht in seinem angestammten Fach zum Zuge, weil sich Scholz früh auf den ehemaligen Handelskammer-Präses Frank Horch festgelegt hatte. So sei "zumindest" ein Staatsratsposten gesucht worden. Über Verwaltungs- und Führungserfahrung, die Scholz für jeden seiner Staatsräte fordert, verfügt Schwinke. Seit 2003 ist der Prokurist Mitglied der Geschäftsleitung in der Metronom Eisenbahngesellschaft, zuvor war er lange in der Hamburger Umwelt- und Baubehörde tätig. Welche Affinität er zum Sport hat, ist weniger bekannt. Schwinke selbst war für ein Gespräch nicht zu erreichen.

Die Sportverbände fürchten, dass Schwinke sein neues Amt nur nebenbei ausführen kann. Er wird neben dem Sport als Staatsrat auch für die Bezirke zuständig sein. Die Verbände wünschen sich seit langer Zeit wenn schon keinen eigenen Sportsenator, dann wenigstens einen Staatsrat, der sich ausschließlich um den Sport in der Stadt kümmert. Das hat es mit Andreas Ernst (2006 bis 2008) zuletzt in der CDU-Alleinregierung gegeben.

Ein weiteres Problem: Der Senat hat einen Staatsrat mehr als bisher nominiert. Diese zusätzliche Stelle muss zunächst in den neuen Haushalt aufgenommen und dann von der Bürgerschaft genehmigt werden. Vor Herbst ist damit nicht zu rechnen - eher noch später, denn die SPD will einen neuen Haushalt entwickeln. Bis Schwinke sein Amt antreten kann, soll voraussichtlich Innenstaatsrat Volker Schiek (SPD) seine Aufgabe mit übernehmen.

Noch grummelt es nur im Sport, öffentlich positionieren mag sich derzeit niemand. Ein Vereinsvorsitzender sagte dem Abendblatt: "Wenn der Sport erneut keinen eigenen Staatsrat erhält, hätten wir wenigstens erwartet, dass der Posten mit einer profilierten Persönlichkeit besetzt wird." Dass es nun womöglich bis zum Ende des Jahres gar keinen Sportstaatsrat geben könnte, sei ein Skandal und zeuge vom Stellenwert, den der Sport offensichtlich beim neuen Bürgermeister habe.

Günter Ploß, Vorsitzender des Hamburger Sportbundes (HSB), der als SPD-Kandidat für die Bürgerschaft kandidierte, empfiehlt dagegen, zunächst die Entwicklungen der nächsten Wochen abzuwarten: "Es wird nach Lösungen gesucht, damit der Sportstaatsrat seine Arbeit weit früher aufnehmen kann", ist sich Ploß sicher. Es müsse bei rund 70 000 Stellen im öffentlichen Dienst möglich sein, die eine oder andere umzuwidmen. Ploß warnte davor, "über Personen zu urteilen, bevor sie ihren ersten Handschlag getan haben."

Der Hamburger Sportbund ist mit 540 000 Mitgliedern in 790 Vereinen die größte Personenorganisation in der Stadt. Unabhängig von der Regierung spielt der Sport schon lange nicht mehr die Rolle, die der HSB sich wünscht. Einen Gesprächstermin in der Senatskanzlei hat es bisher nicht gegeben. Dabei gibt es durchaus Klärungsbedarf. Dem Sportamt fehlt seit Monaten ein Leiter. CDU und GAL planten, in dieser Behörde Stellen einzusparen. Dem Vernehmen nach verfolgt die SPD ähnliche Ziele. Davon wird abhängen, ob dem HSB Mittel gekürzt werden. Sowohl im Bereich des Leistungssports als auch im Breitensport sollte gestrichen werden.