Olaf Harms tritt als Spitzenkandidat im Wahlkreis 2 für die Bezirksversammlung Mitte an. Dabei ist Harms kein Mitglied der Partei.

Hammerbrook. Olaf Harms hat das, was man einen sicheren Listenplatz nennt. Die Linken im Bezirk Mitte haben ihn im Wahlkreis 2 (Billstedt-Wilhelmsburg-Finkenwerder) als Spitzenkandidaten für die Bezirksversammlung aufgestellt, auf der Bezirksliste steht er auf Platz 5. Damit hat der 49-Jährige einen der Sitze im Kommunalparlament praktisch schon in der Tasche. Und das, obwohl Harms nicht Mitglied der Linkspartei ist - sondern Landeschef der Hamburg DKP.

Die Personalie könnte sich zum Bumerang entwickeln. Sie platzt mitten in die von der Linken-Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch losgetretenen Kommunismus-Debatte. Nachdem die bereits bei einer aktuellen Wahlumfrage für ein deutliches Minus gesorgt hatte, versucht die Parteispitze, die Kandidatur des Altkaders Harms runterzuspielen. Spitzenkandidatin Dora Heyenn will sich gar nicht äußern.

Der DKP-Politiker Harms sitzt seit zwei Jahren als Nachrücker in der Bezirksversammlung Mitte. Regionale Wirtschaftsförderung, Soziales, Schule, Sport sind seine Themen. Er hat Anträge gestellt, in denen es um Verbesserungen für Hartz-IV-Empfänger ging, um Kita-Gebühren, eine Anfrage zum Fachärztemangel. Fragt man ihn nach seinen politischen Zielen, sagt er: "Für mich als organisierten Kommunisten ist der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte. Es gibt noch etwas anderes." Für diese andere Gesellschaft, so schrieb er im Herbst 2010 im DKP-Organ "Hamburger Utsichten", müssen "die bestehenden Eigentums- und Machtverhältnisse infrage gestellt und geändert werden". Er wolle die Lebensbedingungen der Menschen verbessern, "in kleinen Schritten zu einer gerechteren Gesellschaft". Dafür sei die Bezirkspolitik ein guter Ort.

Der Mann beherrscht den dialektischen Spagat. Schmal, in blassblauem Hemd und anthrazitfarbenem Jackett sitzt er in der Linken-Zentrale in Hammerbrook. An den Wänden hängen Wahlkampfplakate, beim Gespräch mit dem Abendblatt ist ein Sprecher der Partei dabei. Er vertrete, sagt DKP-Mann Harms, als Fraktionsmitglied das Programm der Linken. Das habe er auf einer eigens entwickelten Vereinbarung auch unterschrieben.

Auf der anderen Seite steht der Versicherungskaufmann aus Wilhelmsburg, der im Hauptberuf in einem Callcenter-Unternehmen arbeitet und dort Betriebsratsvorsitzender ist, fest zu seiner Partei. Eingetreten ist er in der Schulzeit. Geprägt, wie er sagt, von seiner Kindheit in Osdorf als Sohn einer alleinerziehenden Mutter in ärmlichen Verhältnissen. In der DKP habe er Antworten auf seine Fragen gefunden. Die Diktatur der SED, der Stasi-Apparat haben ihn dabei offenbar nicht gestört. Und er ist auch nach dem Untergang der Ostblock-Staaten geblieben, nach der Wiedervereinigung und nach der Austrittswelle, die die DKP zu einer Art Traditionsverein schrumpfen ließ. "Ich habe keine Alternative gefunden."

Gerade noch 210 Mitglieder hat seine Partei in Hamburg laut Verfassungsschutzbericht 2009, auch bundesweit - Harms ist im Parteivorstand - versinkt die DKP in der Bedeutungslosigkeit. Waren 2008 noch zehn DKP-Kandidaten zur Hamburg-Wahl angetreten, ist Harms 2011 der einzige DKPist auf den Wahlzetteln. Zur Kommunismusdebatte in der Linkspartei will er sich nicht äußern. Nur so viel: "Ich finde, man muss eine streitbare Debatte führen dürfen. Der Kommunismus ist nicht für alles, was schiefgelaufen ist, verantwortlich", sagt Harms und beeilt sich zu versichern, dass er sich von den Verbrechen des Stalinismus und den DDR-Mauertoten distanziere.

In der Linken-Bezirksfraktion gilt Harms als "fleißig" und "kompetent". "Die Mitgliederversammlung hat ihn nicht nominiert, weil er Kommunist ist, sondern weil er gute Arbeit macht", sagt Parteisprecher Martin Wittmaack. Hinter den Kulissen hört man von "ideologischen Flügelkämpfen zwischen Pragmatikern und Ideologen", zu denen die "graue Eminenz" Harms gerechnet wird. "Nach außen hat er keine Aktivitäten in irgendeiner Weise gezeigt", sagt der Vorsitzende der GAL-Bezirksfraktion Michael Osterburg. SPD-Amtskollege Hansjörg Schmidt sagt: "Harms fällt nicht durch kommunistische Agitation auf, ist eher ein Hinterbänkler."