Das Interview des Altbürgermeisters Ole von Beust sorgt für großen Unmut in der Partei. Die Wahlkampagne samt Plakaten ist gestartet.

Hamburg. Manchmal ist es interessanter, wer bei einem Termin nicht anwesend ist ... Sowohl Bürgermeister und CDU-Spitzenkandidat Christoph Ahlhaus als auch CDU-Landeschef Frank Schira fehlten am Freitag, als die CDU in der Parteizentrale im Ludwig-Ehrhard-Haus ihre Wahlkampagne samt Plakaten mit Ahlhaus-Konterfei präsentierte.

Ein ungewöhnliches Vorgehen. Zumindest haben die Spitzen der anderen Parteien solche Gelegenheiten genutzt, um sich in Szene zu setzen. Und 2008 war es auch bei der CDU so: Damals präsentierten der Landesvorsitzende und der Bürgermeister die Kampagne ihrer Partei. Diesmal stand CDU-Landesgeschäftsführer Gregor Jaecke allein vor den Journalisten. Frank Schira hatte - so erklärte es Jaecke auf Nachfragen - einen Wahlkampf-Termin auf dem Wochenmarkt, Christoph Ahlhaus beim Windradhersteller Nordex in Langenhorn - der Hunderte neue Arbeitsplätze schaffen will (siehe Seite 26). Man sei lieber dezentral an vielen Orten präsent, statt alle zu einem Termin zusammenzubringen, erklärte Jaecke das Vorgehen.

Ein anderer CDU-Politiker war zwar ebenfalls nicht anwesend, aber sehr präsent: Ole von Beust. Der Altbürgermeister hatte einen Tag zuvor in einem Interview mit NDR 90,3 deutliche Kritik an Ahlhaus und seiner "Rückkehr zu einer konservativen Politik" geübt - und das vier Wochen vor der Wahl.

CDU-Chef Frank Schira wies daraufhin die Beust-Thesen prompt als Unterstellung zurück. "Wir sind weiterhin eine liberale Großstadtpartei", sagte Schira am Donnerstag.

Von Beust hat in dem Interview seinen Rücktritt im Sommer bedauert. "Wenn ich gewusst hätte, dass es knallt, wäre ich geblieben", sagte er (wir berichteten). Viele, nicht nur in der CDU, werten diese Aussagen so, dass er damit seinem wahlkämpfenden Nachfolger in den Rücken gefallen ist.

Landesgeschäftsführer Jaecke versuchte am Freitag, das Ganze beschwichtigend klein zu halten: "Das ist die persönliche Meinung von Ole von Beust, die müssen wir akzeptieren." Andere Christdemokraten reagierten weniger gelassen. Karen Koop, sieben Jahre lang stellvertretende Fraktionsvorsitzende und ausgewiesene Beust-Anhängerin, sagte dem Abendblatt: "Ole von Beust ist freiwillig ins Exil gegangen, und es würde ihm gut stehen, wenn er da auch bliebe." Die Arbeit und die Verdienste Beusts für die CDU schätze sie sehr hoch ein. "Aber die Kritik an Christoph Ahlhaus finde ich ausgesprochen unfair." Auswirkungen für den Wahlkampf sehe sie aber nicht. "Die Auswirkungen der vergangenen Monate haben doch schon gereicht", so Koop.

Der gesundheitspolitische Sprecher Harald Krüger sagte: "Ich bin irritiert über den Zeitpunkt des Interviews. Jetzt geht es doch weniger um Vergangenheitsbewältigung als vielmehr darum, einen erfolgreichen Wahlkampf zu führen." Andere Mitglieder wollen sich zwar nicht öffentlich äußern, hinter vorgehaltener Hand machten sie aber ihrem Ärger Luft. "Mitten im Wahlkampf den Spitzenkandidaten und seine Politik zu kritisieren ist nicht hilfreich", sagte ein Parteigänger. Ein anderer mutmaßte über ein "schlechtes Gewissen" bei Ole von Beust, der nun für seinen "unglücklichen Rücktritt eine Rechtfertigung" suche.

Dass von Beust - dem immer ein besonderes Gespür für politische Stimmungen attestiert wurde - nicht geahnt haben will, dass sein Abgang Probleme für die Koalition bereiten würde, nimmt ihm in der Fraktion ohnehin wohl niemand ab. Allerdings glaubt kaum einer der CDUler, dass die Äußerungen großen Einfluss auf den Wahlkampf haben werden. "Eher schadet es dem sauberen Image von Ole von Beust", sagte ein Abgeordneter.