Erst wehrten sich die Anwohner im Treppenviertel gegen Neubauten - jetzt aber geht ihnen der Schutz des historischen Viertels zu weit.

Blankenese. Das Treppenviertel in Blankenese fehlt in keinem Hamburg-Reiseführer, der Stadtteil mit seinen kleinen Häuschen und verwinkelten Gassen gilt eben als eine der schönsten Ecken der Stadt. Lange schon gibt es daher Bemühungen des Bezirks Altona, die frühere Fischersiedlung unter besonderen Milieuschutz zu stellen. Und immer mal wieder protestierten Bewohner dort gegen allzu moderne Neubauten. Jetzt hat das Bezirksamt acht neue und höchst detaillierte Bebauungspläne entworfen - und wieder gibt es Proteste von Anwohnern.

Diesmal aber gegen aus ihrer Sicht zu enge Vorschriften in den Plänen, mit denen das pittoreske Areal über dem Elbstrand nun endgültig geschützt werden soll. "Mancher Eigentümer sieht sich jetzt quasi enteignet", sagt der auf Baurecht spezialisierte Anwalt Yves Danile Krog von der Kanzlei Oberthür&Partner, der bereits einige Mandaten mit Klageabsicht vertritt, wie er sagt. "Bei uns in der Kanzlei laufen die Telefone heiß." Tatsächlich sehen die acht Pläne einen sehr ausgefeilten Schutz für das Treppenviertel vor. Vereinfacht dargestellt, wird damit der Ist-Zustand von Gebäuden, Fensterformen, Wegen und selbst Gärten juristisch konserviert. Dachneigungen, Geschossanzahl oder Fassadenmaterial dürften nach den neuen Planungen so gut wie gar nicht verändert werden.

Selbst für private Wege sehen die Pläne beispielsweise vor, dass sie bei einer Neuanlage nur aus Feldsteinen oder Gelbklinker gebaut sein dürfen und sonst aus keinem anderen Material. Und im Prinzip müssen sich die Hauseigentümer künftig sämtliche Umbauten, selbst von Gärten und Terrassen, vom Bezirksamt genehmigen lassen. "Hier wird jetzt ein bestimmter Zeitabschnitt festgehalten, obwohl das Viertel doch selbst in einigen Hundert Jahren gewachsen ist", kritisiert Anwalt Krog.

Bisher galten für das Treppenviertel mit den alten Baustufenplänen aus den 1950er-Jahren allerdings vegleichsweise lasche Bestimmungen. Die wiesen das Viertel lediglich als Wohngebiet mit zweigeschossiger offener Bauweise aus. Danach wären laut Bezirksamt zusätzliche Baukörper, Aufstockungen und Erweiterungen von Gebäuden problemlos möglich. "Um die vorhandene Struktur des Milieugebietes Blankeneser Elbhang zu sichern", sei die Aufstellung der neuen Bebauungspläne erforderlich.

Allerdings haben sich in die Pläne auch etliche Fehler eingeschlichen, wie die GAL-Bezirksfraktionschefin Gesche Boehlich sagt, die selbst in Blankenese wohnt. So sei der Ist-Zustand durch Luftbilder teilweise fehlerhaft ermittelt worden. Da sei dann ein zweigeschossiges Haus plötzlich als eingeschossig festgeschrieben. "Doch wir sehen uns jetzt alle Einwendungen an, und die werden dann überprüft." Die GAL plädiert ebenso für den Schutz des Treppenviertels wie CDU und SPD. "Ursprünglich wollten wir sogar noch mehr Festsetzungen", sagt der SPD-Bauexperte Wolfgang Kaeser. Selbst wenn es eine Art Bestandsschutz geben würde, sei damit längst nicht jegliche zukünftige neue Bebauung ausgeschlossen. Kaeser: "Das muss dann aber über einen Befreiungsantrag geschehen."

Baurechtsanwalt Krog bezweifelt allerdings, dass es künftig viele Ausnahmen von den Festsetzungen der Bebauungspläne geben wird. Wichtig für jeden Eigentümer ist es daher jetzt, so Krog, die Pläne genau anzusehen und schriftlich eine Stellungsnahme beim Bezirksamt einzureichen. Denn andernfalls sei eine spätere Klage gegen einen Bebauungsplan kaum möglich.

Die Bebauungspläne liegen noch bis zum 4. Februar im Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung an der Jessenstraße 1 bis 3 im 5. Stock öffentlich aus.