Der SPD-Innenexperte Andreas Dressel kritisiert den CDU-Minderheitssenat: Personal an Wachen wurde geschwächt. “Bilanz ist ernüchternd.“

Hamburg. Die innere Sicherheit hatte den Wahlkampf des Jahres 2001 dominiert. Die Unzufriedenheit der Hamburger mit der damaligen Innenpolitik hatte maßgeblich dazu beigetragen, dass der SPD-geführte Senat abgewählt wurde. Doch auch heute gibt es viele Missstände, meint SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Nach seinen Angaben schickte Hamburg damals sogar mehr Beamte auf der Straße als heute. Dies ergab eine Auswertung von Senatsantworten auf SPD-Anfragen sowie einer Protokollerklärung des Senats im Innenausschuss.

Danach wurden im Jahr 2002, dem Jahr, in dem die gerade gewählte CDU-Schill-FDP-Koalition zum ersten Mal Zahlen erhob, 3442 besetzte Stellen an den Wachen gezählt. Diese Zahl wuchs bis 2005. Hamburg hatte eine Einstellungsoffensive gestartet, allein rund 500 Beamte aus Berlin wurden abgeworben. Anschließend nahm die Zahl der Beamten an den Wachen wieder ab. Allerdings kam das nicht überraschend. Es war durchaus geplant, die neuen Beamten auf Planstellen von Beamten zu setzen, die beispielsweise aus Altersgründen ausschieden. Die Zahl der Beamten, die nun an den Wachen ihren Dienst tun, ist laut Dressel aber um 22 niedriger als noch vor neun Jahren.

"Die personelle Bilanz des CDU-Senats aus Sicht der bürgernahen Polizeiarbeit vor Ort ist ernüchternd. Seitdem Herr Ahlhaus als Staatsrat 2006 in die Innenbehörde gewechselt ist, gab es an den Polizeikommissariaten deutliche Einschnitte, die sich in der Präsenz in den Stadtteilen auch bemerkbar machen", beklagt Dressel. "Trotz gegenteiliger Beteuerungen zeigen die Zahlen: Die Polizeiarbeit für die Bürger vor Ort wurde in den letzten Jahren nicht gestärkt, sondern geschwächt."

Die Innenbehörde sieht dies naturgemäß anders: So gebe es immer noch 655 Beamte mehr bei der Polizei als 2002. "Wir haben Ermittlungsgruppen für Einbrüche, Intensivtäter oder Taschendiebstähle sowie die Landesbereitschaftspolizei verstärkt", sagt Ralf Kunz, Sprecher der Innenbehörde. "Diese Beamten sind zwar nicht an den Wachen angegliedert, sind aber durchaus auf der Straße präsent."

Joachim Lenders, Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), spart trotzdem nicht mit Kritik. Die Stellen seien zwar vorhanden, aber sie würden nicht besetzt. "Die Stellenauslastung an den Wachen beträgt nur 60 bis 80 Prozent. In den Stäben der Polizeiführung sind die Stellen oft zu 90 Prozent besetzt", sagt Lenders. "Diejenigen, die entscheiden, besetzen in ihren Bereichen natürlich so gut es geht." Viele Stellen würden deshalb nicht besetzt, weil das Geld fehle. "Das ist Stellenstreichung durch die Hintertür."

Kritik kommt auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Es fehlen nicht nur Beamten an den Wachen", sagt GdP-Landesvorsitzender Uwe Kossel. "Es kommen etwa mit der Bewachung von ehemaligen Sicherungsverwahrten oder der Fahndung nach Autobrandstiftern immer mehr Aufgaben auf die Kollegen zu."

Dressel verwies auf das SPD-Regierungsprogramm, wonach ein SPD-geführter Senat 100 Beamte mehr an die Wachen schicken und 250 Anwärter jährlich einstellen würde. Ob sich das auf das Wahlergebnis auswirkt, ist fraglich. Innere Sicherheit spielt in diesem Wahlkampf keine große Rolle.