"Schöne Bescherung!" Es ist nicht überliefert, ob das die Gedanken von Christoph Ahlhaus waren, als er am 28. November von der damaligen Schulsenatorin Christa Goetsch informiert wurde, dass die Grünen die Koalition platzen lassen. Fest steht hingegen, dass mit diesem Anruf nicht nur für den Bürgermeister die Hoffnung auf eine besinnliche Weihnachtszeit dahin war. Das Christkind spielt nun der Wähler, und Bescherung für die Politik ist erst am 20. Februar - Neuwahlen!

Die Hamburger Politik befindet sich seit diesem 28. November im Ausnahmezustand, Parteitage müssen geplant, Spitzenkandidaten nominiert, Wahllisten aufgestellt und Programme ausgearbeitet werden - das alles im Schweinsgalopp, denn bis zum 19. Januar müssen die Wahlvorschläge zur Bürgerschaft und zu den Bezirksversammlungen eingereicht sein. Kein Wunder also, dass vor allem die Spitzenpolitiker die Feiertage zu einem letzten Durchschnaufen vor dem Wahlkampf nutzen.

Am nötigsten hat das vermutlich Bürgermeister Ahlhaus selbst, der seit seinem Amtsantritt am 25. August darum bemüht ist, sich den Hamburgern "vorzustellen" und dabei nicht selten sieben Tage die Woche im Einsatz ist und nur kurz zum Schlafen nach Hause fährt. Gleichzeitig dürfte ihm das Abschalten am schwersten fallen, denn der 41-Jährige hatte kürzlich den Tod seines Schwiegervaters zu beklagen und verbringt die Weihnachtstage im Kreise der trauernden Familie in Heidelberg.

Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU), seit dem Rauswurf der grünen Regierungsmitglieder zum Zweiten Bürgermeister aufgestiegen, hatte sich bereits am 17. Dezember gen Süden verabschiedet - er macht Urlaub in der Schweiz. Besuch aus der Alpenrepublik bekommt hingegen Herlind Gundelach (CDU), die neuerdings außer der Wissenschafts- auch die Finanz- und die Umweltbehörde führt. Zusammen mit ihrer in der Schweiz studierenden Tochter genießt sie Heiligabend Pasteten, auch ein Shoppingbummel ist fest eingeplant, bevor es am 29. zurück an den Schreibtisch geht.

Innen- und Justizsenator Heino Vahldieck (CDU) verbringt die Feiertage mit der Familie in Hamburg, es gibt Fondue, aber auch drei "Pflichttermine": Heiligabend besucht er je eine Polizei- und eine Feuerwache, und am ersten Weihnachtstag steht für den Handball-Fan - und "Sportsenator" - das Heimspiel des HSV Hamburg gegen Göppingen an.

Auch Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) genießt Weihnachten "im Kreise der Familie" und gönnt sich einen halb privaten, halb beruflichen Termin: Mit seinem Sohn besucht er die Phlipp-Otto-Runge-Ausstellung in der Kunsthalle - der Blick auf die Bilder des Romantikers dürfte ein wenig Balsam sein nach Stuths wenig romantischer Rückkehr in die Kulturpolitik.

Am entspanntesten kann Wirtschaftssenator Ian Karan den kommenden Wochen entgegenblicken. Der parteilose Unternehmer, erst im Sommer im Alter von 71 Jahren von Ahlhaus in den Senat geholt, beendet seine kurze politische Karriere nach der Wahl wieder. Heiligabend besucht Karan die Kirche in Wellingsbüttel und stößt danach im Kreise der Familie mit einem Glas Champagner auf die Feiertage an.

Von SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz ist nur bekannt, dass er und seine Frau, die Bürgerschaftsabgeordnete Britta Ernst, sich vor der Wahl noch eine "Auszeit" genehmigen und die Feiertage außerhalb Hamburgs verbringen.

Eine rot-grüne Koalition mit GAL-Spitzenkandidatin Anja Hajduk gibt es an Weihnachten jedenfalls (noch) nicht. Die Ex-Umweltsenatorin feiert zwar auch fern der Hansestadt. Aber in ihrem Elternhaus in Duisburg kommen Eltern, Geschwister, Neffen und Tante weniger zum Politisieren zusammen als zum Singen und Musizieren. Dazu gibt es traditionell Gänsebraten - mutmaßlich aus ökologischer Haltung.

Gesungen wird auch bei Katja Suding (FDP) - ihre Söhne (acht und sechs) bestehen drauf. Während für Politprofis wie Scholz und Hajduk Wahlkampf bekanntes Terrain ist, muss die angehende Spitzenkandidatin der Liberalen sich dort aber erst noch behaupten. Was es bedeutet, bei den traditionell zerstrittenen Elb-Liberalen den Kopf aus der Deckung zu wagen, bekam Suding bereits am Montagabend zu spüren. Auf dem Landesparteitag gab es für ihre Rede höflichen Applaus, aber auch Gegenwind. Wer sie als "unsere Spitzenkandidatin" bezeichnete, wurde prompt gemaßregelt, dass sie nominiert, aber noch nicht gewählt sei. Das soll am 4. Januar geschehen und wäre ein passendes Geburtstagsgeschenk - am 30. Dezember wird Suding 35. Gelegenheit zum liberalen Gedankenaustausch gibt es schon vorher. Weil am Montag 200 (!) Änderungsanträge die Verabschiedung des Wahlprogramms verhinderten, muss die FDP-Führung am 27. nachsitzen. Vorher geht auch Suding mit Familie auf Reisen - zu Eltern und Schwiegereltern nach Vechta.

Dass Wahlkampf mit Entbehrungen verbunden ist, hat Dora Heyenn prompt erfahren. Eigentlich wollte die Fraktionschefin der Linken im Januar drei Tage mit ihren Kindern nach Paris reisen, doch nun findet in der Zeit der Parteitag der Linken statt, auf dem sie zur Spitzenkandidatin gekürt werden soll. Die Feiertage verbringt die Politikerin und passionierte Hobbykunsthandwerkerin in Hamburg mit Nähen, Töpfern, Kochen - und traditionell mit der Erprobung eines neuen Gesellschaftsspiels.

Auf dem Plan im Hause Heyenn steht "Tactix". Bei dem schachähnlichen Würfelspiel geht es darum, gegnerische Figuren aus dem Feld zu schlagen und ihre Position einzunehmen. Gewisse Assoziationen zum Wahlkampf lassen sich da kaum verhindern.

Schöne Bescherung.