Laut Steuerschätzung nimmt Hamburg 580 Millionen Euro mehr ein als geplant. Das Geld soll dazu dienen, keine weiteren Schulden zu machen.

Hamburg. Trotz deutlich höherer Steuereinnahmen hält der schwarz-grüne Senat an seinem Sparkurs fest. "Wir werden das Geld nutzen, um so wenig wie möglich neue Schulden zu machen", betonte Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) gestern bei der Vorstellung der Novembersteuerschätzung. Demnach fließen im laufenden Jahr 7,973 Milliarden Euro an Steuern in die Stadtkasse - 580 Millionen Euro mehr als ursprünglich veranschlagt und 462 Millionen mehr als nach der etwas optimistischeren Maisteuerschätzung.

Die Talsohle der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sei offenbar durchschritten, sagte Frigge. Denn auch 2011 werden Hamburg mit 8,017 Milliarden Euro etwa 353 Millionen Euro mehr bleiben als bislang geplant, und 2012 wird man sich mit 8,459 Milliarden Euro sogar dem bisherigen Rekordjahr 2008 (8,766 Milliarden) nähern.

Allen Forderungen nach einer Abkehr vom Sparprogramm des Senats, das darauf zielt, den Haushalt um 510 Millionen Euro pro Jahr zu entlasten, erteilte der Finanzsenator eine Absage. Stattdessen werde man die Neuverschuldung um 460 Millionen Euro senken - von 2,11 auf 1,651 Milliarden Euro für 2010, was "immer noch inakzeptabel" sei, so Frigge. Außerdem erhalte der Versorgungsfonds für städtische Bedienstete 120 Millionen Euro, da die Rendite auf HSH-Nordbank-Aktien, die der Fonds hält, in diesem Jahr entfalle. Die Kritik der GAL, dass in Hamburg nur fünf Prozent der Einkommensmillionäre vom Finanzamt überprüft werden - und damit so wenige wie in keinem anderen Bundesland - wies Frigge als "nicht haltbar" zurück. "Wir haben erhebliche Zuläufe aus den Nachprüfungen."

Scharfe Kritik übte dagegen Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose: "Der Senat hält seine schützende Hand über die hohen Vermögen, im Sozialen und in der Kultur aber kassiert er kräftig ab." Die angekündigten sieben zusätzlichen Steuerprüfer reichten nicht, so Rose: "200 zusätzliche Kontrolleure müssen schon her, damit in der reichsten Stadt Deutschlands endlich Steuergerechtigkeit hergestellt werden kann."

Die Steuermehreinnahmen dieses Jahres sollten "komplett dazu dienen, dass wir weniger Schulden aufnehmen", sagte GAL-Fraktionschef Jens Kerstan. Über den Geldsegen in 2011 und 2012 werde die Koalition kommende Woche beraten. Kerstan: "Wir haben weiterhin das Ziel, möglichst wenig neue Schulden aufzunehmen."

Auch SPD und FDP forderten den Senat auf, die Mehreinnahmen zur Senkung der Neuverschuldung zu verwenden. "Dieser ausschließlich konjunkturelle Effekt ändert nichts an den strukturellen Haushaltsproblemen, die durch mangelnde Ausgabendisziplin unter CDU-Finanzsenatoren entstanden sind", sagte SPD-Haushaltsexperte Peter Tschentscher. Lediglich die Linkspartei forderte eine "Rücknahme der unsozialen Kürzungspolitik".

Eine eigene Strategie hat der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Roland Heintze. In seinem Wahlkreis Lokstedt-Niendorf-Schnelsen verschickt er morgen 20 000 Postkarten und fordert die Bürger auf, Sparvorschläge zu machen. Erhofftes Einsparvolumen: 50 Millionen Euro.