In Altona-Altstadt, Bahrenfeld, Lurup und Wilstorf wandelt die Stadt Grundstücke um. Bei Weitem noch nicht genug, beklagt die SPD.

Hamburg. Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) hatte es in seiner Regierungserklärung deutlich gemacht: Hamburg braucht mehr bezahlbare Wohnungen. Und das dringend. Damit mehr Wohnungen gebaut werden können - gebraucht würden 5000 bis 6000 pro Jahr -, sollen brachliegende Gewerbeflächen für den Wohnungsbau umgewidmet werden. So die Idee der schwarz-grünen Regierung.

Ein Vorschlag, der in der Praxis anscheinend nicht konsequent umgesetzt wird. Fast 400 Hektar (vier Millionen Quadratmeter) städtische Gewerbeflächen liegen brach - aber nur für 12,5 Hektar ist ein Umwandlungsverfahren angestoßen worden. Wann und ob die anderen Flächen überhaupt für den Wohnungsbau freigegeben werden, ist noch unklar. Das ergaben die Antworten des Senats auf Kleine Anfragen des SPD-Abgeordneten Jan Balcke.

Bisher war nur bekannt, dass die Flächen "Othmarschenpark" im Bezirk Altona - 3,3 Hektar für 600 bis 700 Wohnungen - sowie 1,1 Hektar für 150 Wohnungen am "Holsteinischen Kamp" im Bezirk Nord künftig zur Verfügung stehen werden. Wie das Abendblatt erfuhr, sind sich alle Behörden einig, zusätzlich vier Gewerbeflächen für den Wohnungsbau freizugeben:

Altona-Altstadt: zwei Hektar zwischen Max-Brauer-Allee und Suttnerstraße - hier sollen rund 150 Wohnungen gebaut werden.

Bahrenfeld: 1,5 Hektar zwischen Celsiusweg und Stahltwiete - hier sollen rund 120 Wohnungen entstehen.

Lurup: 2,5 Hektar zwischen Luruper Hauptstraße und Lüttkamp - hier sollen 200 bis 250 Wohnungen gebaut werden.

Wilstorf: 2,1 Hektar im Bebauungsplan Wilstorf 13. Das ist das Gewerbegebiet zwischen Vogteistraße, Rönneburger Straße, Höpenstraße, Radickestraße und Kanzleistraße - rund 100 Wohnungen sollen entstehen.

Für weitere Flächen sind laut Senatsantwort "die Prüfungen noch nicht abgeschlossen". Darüber hinaus kann der Senat aber auch nicht sagen, um welche "weitere Flächen" es sich handelt, welche Grundstücke auf ihre Umwandlungsmöglichkeiten überhaupt geprüft werden. Und das, obwohl es sowohl in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) als auch in der Finanzbehörde - zuständig für die städtischen Liegenschaften - Datenbanken über die Grundstücke und Flächen gibt.

Diese Tatsache kritisiert Jan Balcke deutlich: "Offenbar verspricht Bürgermeister Ahlhaus mehr, als er wirklich halten kann. Hier liegen Entwicklungspotenziale ungenutzt in unserer Stadt." Für den dringend benötigten Wohnungsbau müssten auch die Gewerbeflächen angefasst werden, so der SPD-Politiker.

Die Krux an der Sache ist: Eigentlich hat die Stadt viele freie Flächen, die ohnehin für den Wohnungsbau vorgesehen sind. Beim städtischen Wohnungsbauunternehmen Saga/GWG gibt es zurzeit nach einer "konzerninternen Potenzialanalyse" rund 150 000 Quadratmeter freie Grundfläche für den Wohnungsbau, sogenannte Baulückengrundstücke. Wie die Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage ergibt, sind das 72 Grundstücke verteilt auf die sieben Bezirke.

Um welche Grundstücke es sich handelt, will die Saga/GWG mit Verweis auf ihr "Geschäftsinteresse und die Entwicklungsmöglichkeiten" nicht sagen. Nur für ein Einziges dieser Grundstücke gibt es aber einen positiven Bauvorbescheid. Für keines der anderen Grundstücke wurden von der Saga/GWG bisher eine Bauanfrage oder ein Bauantrag bei den Bezirken gestellt.

Für Jan Balcke steht fest, warum das so ist. "Das würde eine riesige Investitionssumme nach sich ziehen. Und viele der Wohnungen müssten Sozialwohnungen sein." Es sei für die Saga/ GWG deutlich lukrativer, in die Sanierung der Altbestände zu investieren, die dann teurer vermietet oder sogar verkauft werden könnten, so Balcke.

Dem widerspricht Saga/GWG-Sprecher Mario Spitzmüller vehement. "Unser großes Ziel ist es, Baurecht auf den Grundstücken zu bekommen." So wolle die Saga/GWG für 35 der 72 Grundstücke im kommenden Jahr einen Bauvorbescheid der Bezirke haben - also konkret erfahren, ob sie auf diesen Grundstücken bauen darf. Es laufe bei jedem Grundstück eine "systematische Prüfung" ab, ob es Vorbelastungen wie alte Bebauungspläne oder eine Grünflächenausweisung für die Baulücken gibt.

Jan Balcke fordert dennoch einen Gipfel mit Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL), Wohnungsbaukoordinator Michael Sachs und den Bezirksamtsleitern, um zu klären, wie und wann diese Flächen bebaut werden können. "Das Ziel muss sein, dass wir schnell mehr Wohnungen bekommen. Da muss das städtische Unternehmen Saga/GWG Vorreiter sein", sagt Balcke