Nach dem jüngsten Urteil sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass noch in diesem Jahr Sicherungsverwahrte aus Hamburger Gefängnissen freikommen.

Hamburg. Mit dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass noch in diesem Jahr Sicherungsverwahrte aus Hamburger Gefängnissen frei kommen. Wie das Abendblatt berichtete, endet am 26. Dezember die zehnjährige Sicherungsverwahrung eines 60-jährigen verurteilten Gewalttäters, der 1984 einen 27-Jährigen mit einem Trinkkumpan im Hotel Eden in St. Georg erdrosselt hatte.

Mit Bezug auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung über die zehnjährige Höchststrafe hinaus als menschenrechtswidrig verurteilt hatte, war bislang davon auszugehen, dass der 60-Jährige als Betroffener am 26. Dezember auf freien Fuß kommen würde.

Mit der am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung des 5. Strafsenats des BGH in Leipzig ist dies nicht mehr so sicher. Danach dürfen besonders gefährliche Straftäter nicht mehr "automatisch" aus Sicherungsverwahrung entlassen werden. Die Gerichte müssten prüfen, ob etwa aus dem Verhalten eine "hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen abzuleiten ist". Dann dürfe die Sicherungsverwahrung fortgesetzt werden. Der 5. Strafsenat stellte sich damit nicht nur gegen den EGMR, sondern auch gegen den 4. Strafsenat in Karlsruhe.

Da das Landgericht erst Anfang Dezember über den Fall des 60-Jährigen urteilen wird, würde dann auch das neuerliche BGH-Urteil in die Entscheidung der Richter einfließen. Dann müsste erst ein - gemeinhin zeitaufwendiges - Gutachten über die Gefährlichkeit des 60-Jährigen erstellt werden, bevor eine Entscheidung gefällt werden kann. Und die könnte sich auch gegen den 60-Jährigen richten.

Die Justizbehörde allerdings verweist auf die komplizierte Rechtslage: Erst müssten sich der 4. und der 5. Strafsenat auf eine gemeinsame Rechtsprechung einigen, bevor die Folgen für die Behandlung Sicherungsverwahrter abzuschätzen seien, sagte eine Sprecherin der Behörde.