Prevent-Gründer Thorsten Mehles heuerte viele Fahnder und Geheimdienstler an. Jetzt ermitteln seine früheren Kollegen

Hamburg. Thorsten Mehles wusste nur zu gut, dass es nun unangenehm werden würde, als er den Durchsuchungsbefehl in Händen hielt. Als früherer Chef der Abteilung Organisierte Kriminalität bei der Hamburger Polizei hat er reichlich Erfahrung mit derartigen Dokumenten. Am Mittwochmorgen um 8.30 Uhr sah sich der ehemalige Kripo-Mann und Gründer des Sicherheitsunternehmens Prevent AG in seinem Privathaus nun selbst einer Hausdurchsuchung ausgesetzt. Es heißt, er habe sich "kooperativ gezeigt".

Staatsanwälte und Polizisten durchsuchten zur gleichen Zeit auch die Büros der Prevent AG in Hamburg, Norderstedt und München. Wohl deshalb haben die Mitarbeiter die Internetseite nicht aktualisieren können. Der bislang letzte Eintrag stammt vom 24. Oktober und lautete am Abend noch: "Ermittlungsverfahren, in denen Prevent-Verantwortliche als Beschuldigte geführt werden, sind Prevent nicht bekannt. Verdächtigungen, Unterstellungen und Spekulationen, Prevent habe irgendwelche Aktionen durchgeführt, die ungesetzlich sein könnten, oder habe anderen Straftaten untergeschoben, entbehren jeder Grundlage." Dabei ist seit gestern klar, dass die Staatsanwaltschaft gegen Mehles und den Prevent-Vorstand Peter Wiedemann wegen des Verdachts der "Anstiftung zum Verschaffen kinderpornografischer Schriften" sowie "falscher Verdächtigung" ermittelt.

Und damit steht der Ex-Polizist, der 2002 die Prevent AG gründete, im Fokus seiner früheren Ermittlerkollegen. Mehles hatte zuvor eine beispiellose Beamtenkarriere hingelegt. Er war der bis dahin jüngste Kriminaldirektor in der Hamburger Polizeigeschichte, leitete das Dezernat Interne Ermittlungen, später die prestigeträchtige LKA-Abteilung Organisierte Kriminalität. Wohl auf Vermittlung des damaligen Innensenators Hartmuth Wrocklage wechselte Mehles zum Bundesnachrichtendienst. Nach nur einem halben Jahr verließ er den BND schon wieder - um sich mit Prevent in der lukrativen Sicherheitsbranche selbstständig zu machen.

Mehles nutzte die neue Freiheit, um öffentlichkeitswirksam vor den Gefahren von Korruption, Industriespionage und Geheimnisverrat durch Mitarbeiter zu warnen. Jahrelang wirkte die Firma weitgehend im Verborgenen - wie es sich für ein geheimdienstartiges Unternehmen anbietet. Mehles versammelte angesehene Sicherheitsexperten unter dem Prevent-Dach. Hildegard Becker-Toussaint, früher Oberstaatsanwältin in Frankfurt, stieg mit ein, sogar der Ex-Chef des BND, August Hanning. Dazu mehrere Kriminalisten aus Hamburg, Ex-Soldaten, Psychologen, Geheimdienstler. Auch seine ehemaligen LKA-Kollegen Volker Schmidt und Lutz Krüger nahm Mehles mit. Schmidt ist inzwischen Geschäftsführer bei Prevent, Krüger leitet die auf digitale Forensik spezialisierte Tochterfirma Validd in Hamburg. Auch dort wurden Polizei und Staatsanwaltschaft gestern vorstellig.

Ex-Innensenator Udo Nagel ging 2008 zu Prevent, nachdem der Parteilose den Senat aus Proporzgründen hatte verlassen müssen. Nagel war 2001 von Ronald Schill zum Polizeipräsidenten gemacht worden. Er ist derzeit in einer umstrittenen Sendung auf RTL 2 zu sehen, die gegen Kinderschänder zu Felde zieht. Gegen Nagel wird nicht ermittelt. Wie Mehles ist er seit etwa einem halben Jahr nur noch Senior Advisor, also Berater. Die Ermittlungen der Staatsanwälte gegen Mehles beziehen sich auf den Zeitraum, als er und Nagel noch im Vorstand waren. Die HSH-Nordbank-Affäre, so scheint es, trifft die Prevent AG härter, als deren Chefs zugeben. Das örtliche Büro, eine mit üppiger Dachterrasse ausgestattete Etage der Nordport-Towers am Flughafen, gibt die Firma zum Jahresende auf, wie Unternehmenssprecher Ralf Schneider bestätigt. Nach Abendblatt-Informationen soll stattdessen das Ostgeschäft ausgebaut werden.