“Die Bundesregierung hat aus den Datenskandalen offensichtlich nichts gelernt“, kritisiert Justizsenator Till Steffen. Er will Veränderung.

Hamburg. Justizsenator Till Steffen will den Datenschutz für Arbeitnehmer stärken. Der GAL-Politiker setzt sich dafür ein, dass das sogenannte Massenscreening von Beschäftigten-Daten nur dann gesetzlich erlaubt wird, wenn der Arbeitgeber konkrete Hinweise auf eine im Betrieb begangene Straftat hat. Der Gesetzentwurf der schwarz-gelben Bundesregierung, den der Bundesrat in der kommenden Woche beraten wird, sieht dagegen vor, dass das Screening-Verfahren, also der serielle Datenabgleich aller Beschäftigten, an keine bestimmten Voraussetzungen geknüpft ist.

"Die Bundesregierung hat aus den Datenskandalen offensichtlich nichts gelernt", kritisiert Steffen im Gespräch mit dem Abendblatt. Hintergrund: Die Telekom hatte im vergangenen Jahr einräumen müssen, dass sie die Kontonummern aller Beschäftigten mit den Kontonummern aller Lieferanten abgeglichen hatte. Auf diesem Weg wollte das Unternehmen Hinweise auf Korruptionsfälle bekommen, ohne dass es einen konkreten Verdacht gab. "Fälle wie der bei der Telekom waren doch aber gerade der Anlass für den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf", sagt Steffen. Derzeit ist noch offen, ob der Vorschlag des Senators eine Mehrheit in der Länderkammer finden wird.

Außerdem will Steffen erreichen, dass die dauerhafte Videoüberwachung am Arbeitsplatz "grundsätzlich unzulässig" ist. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll diese Einschränkung nicht gelten und die elektronische Überwachung etwa zur Qualitätskontrolle erlaubt sein. "Diese Regelung trifft jeden Einzelnen unmittelbar."

Schließlich will der Justizsenator erreichen, dass sich ein Arbeitnehmer im Konfliktfall direkt an den Datenschutzbeauftragten wenden kann. Hier sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Beschäftigte eine Beschwerde zunächst an den Arbeitgeber richtet, wenn er sich zu Unrecht ausgespäht fühlt. Erst wenn der Arbeitgeber der Beschwerde nicht "abhilft", wie es im Juristendeutsch heißt, ist der Gang zur Behörde zulässig. Steffen vermutet, dass diese Bestimmung abschreckend wirkt und vielfach dazu führen wird, dass ein Arbeitnehmer sich gar nicht beschwert. Nach Information des Abendblatts gilt als sicher, dass die Mehrheit der Länder diesem Vorschlag zustimmen wird.

Ebenfalls in der kommenden Woche treffen sich die Justizminister zu ihrer Herbstkonferenz in Berlin. Steffen, der den Vorsitz führt, will sich für ein Adoptionsrecht für homosexuelle Lebenspartnerschaften, ein Widerspruchsrecht bei Geodatendiensten, den Schutz von Fluggastdaten und eine Beschränkung der Sicherungsverwahrung auf Gewalt- und Sexualstraftäter einsetzen. "Die bisherige Ungleichbehandlung homosexueller Paare ist durch nichts zu rechtfertigen", sagte Steffen. "Es gibt kein Anzeichen, dass sie sich schlechter um ihre Kinder kümmern als heterosexuelle Paare." Bei Geodatendiensten wie Google Street View will der Senator das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stärken. Zwar habe sich Google verpflichtet, Widersprüche gegen die Veröffentlichung von Bildern bei Street View umzusetzen. "Die freiwillige Selbstverpflichtung allein reicht nicht aus", sagte Steffen. "Wir brauchen ein Gesetz."