Die Stadt entscheidet sich gegen den Versorger Vattenfall. Neuer Stromliefervertrag für 3500 öffentliche Gebäude geht an Dong und RWE Innogy.

Hamburg. Herber Schlag für den Hamburger Versorger Vattenfall: Das Unternehmen, das im Hamburger Strommarkt mit einem Anteil von 82 Prozent Marktführer ist, hat jetzt einen wichtigen Großkunden verloren. Die Stadt Hamburg bezieht nach einer europaweiten Ausschreibung den Strom für ihre rund 3500 Liegenschaften ab 1. Januar 2011 erstmals von anderen Anbietern. Gewonnen haben die Ausschreibung die beiden Konzerne RWE Innogy aus Hamburg und die dänische Dong. Beide Unternehmen liefern künftig Ökostrom für Hamburger Schulen, Museen und andere öffentliche Gebäude. Der Vertrag läuft bis Ende 2012. Konkret handelt es sich um ein Volumen von 330 Millionen Kilowattstunden pro Jahr, was umgerechnet den Verbrauch von 100 000 Privathaushalten entspricht. Die Stadt will durch den regenerativ erzeugten Strom 193 000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.

Mit der Auftragsvergabe hat die Stadt zum zweiten Mal einem Netzbetreiber und "Platzhirschen" eine Absage erteilt. Seit Jahresanfang beliefert der städtische Versorger Hamburg Energie die öffentlichen Gebäude Hamburgs mit Gas. Der Auftrag wurde ohne öffentliche Ausschreibung vergeben, weshalb sich die Stadt Kritik gefallen lassen musste. Zuvor wurde Hamburg von E.on Hanse mit dem früheren Versorger HeinGas versorgt.

Die Stadt bezieht seit 2008 regenerativ erzeugten Strom von Vattenfall

"Mit der Umstellung auf Ökostrom setzt Hamburg ein deutliches Zeichen, das hoffentlich viele Nachahmer findet. Vor dem Hintergrund der AKW-Laufzeitverlängerungen und dem bevorstehenden Castortransport ist dieses Bekenntnis zu den erneuerbaren Energien wichtiger denn je", sagte gestern die GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank. Doch ganz so neu ist die Versorgung mit regenerativer Energie nicht. Denn Vattenfall beliefert die Stadt bereits seit 2008 mit Ökostrom. Allerdings konnten damit - bezogen auf das Jahr 2009 - nur 170 000 Tonnen CO2 eingespart werden. Der neue Strom soll laut Umweltbehörde noch grüner sein.

Auch an dem jetzigen Bieterverfahren hatte sich der Hamburger Versorger neben vier anderen beteiligt - und verloren. "Wettbewerb ist gut - auch wenn das heißt, dass nicht immer das eigene Unternehmen gewinnt", kommentierte Vattenfall-Sprecherin Sabine Neumann die Entscheidung. Doch nach Informationen des Abendblatts schmerzt den Stromkonzern die Niederlage sehr. Schließlich verliert Vattenfall nicht nur einen Großkunden, die Belieferung der Hansestadt gilt auch als Imagefaktor - zumal Vattenfall derzeit mit Hochdruck daran arbeitet, seinen Ökoanteil am Strom zu erhöhen. Die erneuerbaren Energien sollen ausgebaut werden, hatte jüngst Konzernchef Øystein Løseth angekündigt. Vattenfall wolle langfristig weg von Atom- und Kohlekraft. Erst vergangene Woche haben Vattenfall und die Stadtwerke München den Startschuss für einen neuen Windpark vor Sylt gegeben.

Weiteres Ungemach für Vattenfall und E.on Hanse zeichnet sich bereits ab. Die Stadt erwägt, den Konzessionsvertrag mit den beiden Anbietern 2015 auslaufen zu lassen und die Strom- und Gasnetze selbst zu übernehmen. Eine Bürgerinitiative, die sich deswegen in Hamburg formiert hat, fordert dies und sammelt Unterschriften für eine Volksabstimmung. Wenn dieses Vorhaben Erfolg hat, stünden beide Unternehmen ohne Infrastruktur da. Sie müssten künftig für die Nutzung der Netze zum Strom- oder Gastransport Gebühren an den neuen Eigentümer bezahlen.

RWE Innogy beschäftigt 100 Mitarbeiter in Hamburg und sucht weitere

Dong aus Dänemark liefert von 2011 an Strom aus Windkraft nach Hamburg. RWE Innogy setzt auf Wasserkraft aus deutschen Anlagen. "Mit der Bereitstellung der Grünstrommengen aus unseren Wasserkraftwerken leisten wir einen wesentlichen Beitrag, die Energieversorgung Hamburgs zukünftig CO2-ärmer und damit klimafreundlicher zu machen", sagte Fritz Vahrenholt, Vorsitzender der Geschäftsführung der RWE Innogy. Allein in Deutschland betreibt das Unternehmen 46 Laufwasserkraftwerke, zum Beispiel an Mosel, Ruhr und Saar.

Auf Vahrenholts Betreiben hat RWE Innogy seine Windkraftsparte im Februar 2008 in Hamburg, der deutschen Hauptstadt der Windbranche, angesiedelt. Damals fing Vahrenholt im Gebäude von RWE-Dea in der City Nord mit etwa einem Dutzend Mitarbeitern an. Heute arbeiten bei RWE Innogy Wind schon rund 100 Beschäftigte. Weitere 40 Mitarbeiter sollen noch bis zum Jahresende eingestellt werden. Auch in Zukunft will das Unternehmen seinen Personalbestand in der Hansestadt weiter ausbauen, sagte Sprecherin Sarah Knauer dem Abendblatt, ohne weitere konkrete Zahlen zu nennen. Gesucht würden vor allem Ingenieure und andere Technikexperten.