Staatsanwaltschaft betrachtet gefeuerten Ex-Vorstand weiter als Opfer. Nonnenmacher-Entlassung wäre juristisch schwer zu begründen

Hamburg/Kiel. Das Schreiben vom 18. Oktober ist eine Ohrfeige für die HSH Nordbank. Gegen den entlassenen Vorstand Frank Roth gebe es immer noch keinen hinreichenden Tatverdacht, schreibt die Staatsanwaltschaft Kiel. Vielmehr spreche immer noch einiges dafür, dass Roth Opfer einer Aktion geworden ist, mit der falsche Spuren gelegt worden sind. Die Beschwerde der Bank gegen die Einstellung des Verfahrens gegen Roth wird abgewiesen, der Verdacht gegen die HSH-Spitze selbst dafür untermauert.

Roth will nun Schiedsklage einreichen und wies auf eine neuerliche Merkwürdigkeit hin: Noch am 21. Oktober räumte die HSH unter Verweis auf das Gutachten der Anwaltskanzlei WilmerHale lediglich "Ungereimtheiten" in seinem Fall ein. Dabei hatte das Schreiben vom 18. aus seiner Sicht auch die letzten Unklarheiten beseitigt.

Darum ging es: Im April 2009 hatte die Bank Roth gefeuert und angezeigt, weil er geheime Dokumente an englische Medien geschickt haben soll. Weil die Staatsanwaltschaft dafür keinerlei Hinweise fand, hatte sie die Ermittlungen gegen Roth eingestellt, aber neue gegen die HSH aufgenommen. Roths Bitte an Aufsichtsratschef Hilmar Kopper, ihn zu rehabilitieren, wies dieser dennoch barsch zurück. Stattdessen legte die HSH Beschwerde ein, behauptete darin aber nur noch, Roth habe die Dokumente möglicherweise in seinem Büro liegen lassen. Nun wurde auch diese Beschwerde abgewiesen, aber die HSH sprach drei Tage später immer noch von "Ungereimtheiten". Ein Bank-Sprecher erklärt das so: Die Zurückweisung der Beschwerde sei erst am Tag darauf, am 22. Oktober, eingegangen, und das Schreiben müsse zunächst bewertet werden.

Kopper und Nonnenmacher seien rechtlich und moralisch "gescheitert", sagte Roth und appellierte an Hamburg und Schleswig-Holstein, personelle Konsequenzen zu ziehen.

Diese rücken nun näher, bergen aber ihrerseits Tücken. Klar ist, dass die Regierungschefs Nonnenmacher nicht einfach vor die Tür setzen können. Zuständig ist der Aufsichtsrat, in dem keine Politiker mehr sitzen. Er tagt turnusgemäß im Dezember, könnte aber auch außerordentlich tagen. Die Kontrolleure müssten wohl zwei Beschlüsse fassen, zum einen Nonnenmacher als Vorstandschef und damit "Organ" der Bank abberufen und zum anderen seinen Arbeitsvertrag kündigen.

Die Länder setzen offenbar auf eine "Kündigung aus wichtigem Grund". In diesem Fall hätte Nonnenmacher keinen Anspruch auf eine Abfindung. Dafür muss es aber schwerwiegende Gründe geben, etwa eine "Pflichtverletzung" des HSH-Chefs. Sie darf nicht länger zurückliegen als 14 Tage oder muss in diesem Zeitraum dem Aufsichtsrat bekannt geworden sein. Ob sich aus den Spitzel-Vorwürfen oder dem Fall Roth eine Pflichtverletzung herleiten lässt, ist unklar.

Der Aufsichtsrat kann Nonnenmacher auch wegen fehlenden Vertrauens kündigen. In diesem Fall müsste die HSH aber zahlen, etwa Nonnenmachers Gehalt bis Vertragsende im Herbst 2012 oder eine Abfindung.